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Gefährliche Nebenwirkungen bei homöopathischen Mitteln

Globuli für Tod von Kleinkindern verantwortlich?

Um bei leichten Beschwerden nicht gleich zu hochwirksamen Arzneimitteln greifen zu müssen, erfreuen sich homöopathische Medikamente wie Globuli größter Beliebtheit. Aber auch die stark verdünnten Mittel bergen noch gefährliche Nebenwirkungen.

Kritiker werfen der Homöopathie gerne vor, dass in den kleinen Kügelchen ohnehin kein Wirkstoff enthalten sei. Genau das scheint jetzt aber der Fall zu sein. Die amerikanische Arzneimittelsicherheitsbehörde FDA konnte in ihren aktuellen Analysen mehrfach Wirkstoffe der Giftpflanze Belladonna, der Schwarzen Tollkirsche, in den Arzneimitteln nachweisen.
 
Vor einigen Präparaten wird jetzt ausdrücklich gewarnt. Die Tabletten stehen im Verdacht, für den Tod von 10 Kleinkindern in den USA verantwortlich zu sein. Ausgelöst wurden die laufenden Untersuchungen durch die Beschwerde eines Vaters. Sein Kind hatte nach der Einnahme von homöopathischen Tabletten epileptische Anfälle erlitten. Die Präparate werden mit der Versprechung beworben, die Schmerzen beim Zahnen von Kleinkindern lindern.
 
Bei den Untersuchungen sind jetzt rund 400 Berichte aufgetaucht, die von Nebenwirkungen wie Krämpfen, Atemproblemen oder Fieber berichten. Darunter auch die zehn tragischen Todesfälle. In den Tollkirschen ist der Wirkstoff Atropin enthalten, der dafür bekannt ist, die beschriebenen Symptome auszulösen. Höhere Dosen können im schlimmsten Fall zum Koma und schließlich zum Atemstillstand führen.
 
„Die Reaktion von Kindern unter zwei Jahren auf die Inhaltsstoffe der Schwarzen Tollkirsche ist unvorhersehbar und gefährdet sie unnötig“, sagt Janet Woodcock von der FDA. Eltern wird empfohlen, die homöopathischen Mittel nicht weiter zu verwenden. Stattdessen sollte ein Arzt aufgesucht werden, um sich sichere Alternativen empfehlen zu lassen.
 
Samuel Hahnemann erfand das Verfahren vor rund 200 Jahren. Nach seiner Theorie ist es möglich, Krankheiten mit Wirkstoffen zu heilen, die bei gesunden Personen Symptome hervorrufen, die denen des behandelten Patienten ähnlich sind. Zu den verwendeten Wirkstoffen gehören auch giftige Substanzen, wie Quecksilber oder eben die Schwarze Tollkirsche.
 
Wegen der großen Verdünnung des Wirkstoffes sollte bei kurzzeitiger Anwendung keine Gefahr für die Kinder bestehen. Bei langfristigem Einsatz ist es aber durchaus möglich, dass sich Schwermetalle wie Blei im Körper absetzen. Eine Studie aus dem Jahr 2016 zeigte sogar, dass Nebenwirkungen durch homöopathische Mittel ähnlich häufig sind wie in der evidenzbasierten Medizin.
 
Nach den Grundsätzen der Homöopathie sollte es eigentlich gar nicht möglich sein, den Wirkstoff der Tollkirsche nachzuweisen. Problematisch bei der Herstellung der homöopathischen Arzneimittel sind die gesetzlichen Anforderungen. Anders als gewöhnliche Arzneimittel müssen sie nicht zugelassen werden, um verkauft werden zu dürfen – es genügt wenn sie registriert sind.
 
Für Deutschland gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dennoch Entwarnung. Für die hierzulande zugelassenen homöopathischen Mittel gegen Schmerzen beim Zahnen liegen keine Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen vor. Die geforderte Verdünnung für die giftigen Inhaltsstoffe der Globuli wird in Deutschland streng überwacht. Anders als in den USA, wird in Deutschland genau überprüft, ob die fraglichen Produkte nach den erforderlichen Richtlinien verdünnt und produziert wurden. Deren Wirksamkeit wird allerdings nicht kontrolliert und ist bislang auch nicht nachgewiesen.