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Die Erkrankung einer 50-jährigen Patientin gab den Ärzten Rätsel auf ...

Überall Spinnen: Rätselhafte Halluzinationen einer Patientin

Es klingt nach einem absoluten Albtraum. Eine 50-Jährige haulluziniert von Spinnen und behauptet, sie seien überall. Ihre Familie bringt sie darauf hin in die Notaufnahme. Doch erst nach vielen Untersuchungen finden die Ärzte die Ursache für die Wahnvorstellungen.

Stell dir vor, du siehst überall Spinnen. Das geht sogar so weit, dass du denkst, sie seien bei dir im Bett oder ein Einbrecher wäre in deinem Schlafzimmer, der dich mit Spinnen angreife. Was klingt, wie ein absoluter arachnophobischer Albtraum, war für eine 50-jährige Frau aus Atlanta (Georgia, USA) Alltag - zumindest in ihrem Kopf. Sie halluzinierte von Spinnen. Das ging sogar so weit, dass sie von ihrer Familie in die Notaufnahme gebracht wurde. Doch was war der Grund für die Halluzinationen?

Knötchen unter der Haut

In den vergangenen Monaten litt die Frau an Schmerzen in der linken Hüfte. Das Gehen fiel ihr schwer. Vor zwei Monaten ging sie aufgrund der Beschwerden zum Arzt. Die Mediziner stellten nach genaueren Untersuchungen Veränderungen am Becken- und Oberschenkelknochen fest. Es handelte sich um lytische Knochenläsionen. Nach einem PET-Scan stellten die Ärzte eine ungewöhnlich hohe Stoffwechselaktivität in den Läsionen und in Lymphknoten im hinteren Bauchraum fest. Zudem zeigten sich Knötchen unter der Haut. All das können Anzeichen einer Krebserkrankung sein. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Frau zu wenig des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin produziere. Im Zuge dessen sei die Anzahl der weißen Blutkörperchen und Blutplättchen erhöht. Die Vitalwerte waren jedoch im grünen Bereich.

Die Ärzte diagnostizierten der Frau also einen Verdacht auf eine Krebserkrankung und eine Schizophrenie, um damit die Wahnvorstellungen zu erklären. Danach wurde sie an die Emory University School of Medicine überwiesen, in der sie von der Ärztin Jungjin Kim behandelt wurde. Sie schilderte den Fall in dem Fachmagazin "Psychosomatics".

Ärzte tappten weiter im Dunkeln

Den Fall der 50-jährigen Patienten hätten die Autoren der US-Arztserie "Dr. House" nicht rätselhafter schreiben können. In der Emory Universitätsklinik konnten die Ärzte der Frau nicht helfen und rätselten darüber, warum sie Kopfschmerzen hatte, ihr aber nicht übel war. Zudem entdeckten die Mediziner viele kleine, dunkle und juckende Knötchen auf ihrem Oberkörper. Ein Bluttest zeigte: Der Hämoglobin-Wert ist weiter gesunken - HIV hat sie aber nicht. Auch Krebs konnte durch eine Knochenmarkbiopsie ausgeschlossen werden.

Noch immer sah sie die Spinnen

Die Frau wurde von den Ärzten auf links gedreht, doch die Ursache für die Wahnvorstellungen haben sie noch immer nicht gefunden. Und das ist noch nicht alles: Sie hörte zudem die Stimme ihrer verstorbenen Mutter. Sie war unkonzentriert und hatte Erinnerungslücken. Die Ärzte stellten einen sogenannten Delir fest - den Zustand von anhaltender Verwirrtheit. Ein verabreichtes Neuroleptikum brachte auch keine Besserung.

Veränderungen im Gehirn

Nachdem die Frau schließlich über Schwäche in den Beinen klagte, untersuchten die Ärzte ihr Gehirn mittels einer Computertomografie (CT). Dabei stellten sie fest, dass etwas in ihrem Gehirn nicht stimmte. Ein MRT deutete auf einen Tumor oder eine Infektion hin. Dann entnahmen die Mediziner der Frau Rückenmarksflüssigkeit, die weder auf einen Tumor noch Viren hinwies. Allerdings war die Anzahl ihrer weißen Blutkörperchen erhöht. 

Ein Pilz war der Auslöser der Halluzinationen

Nach weiteren Untersuchungen haben die Ärzte einen Pilz nachweisen können. Dieser hat dann auch die Symptome wie die Läsionen oder die Knötchen unter der Haut erklären können. Sofort verabreichten die Ärzte der Frau zwei Medikamente gegen den Pilz namens Cryptococcus neoformans.

Infektionen mit diesem Pilz treten bei Menschen auf, deren Immunsystem geschwächt ist. Besonders anfällig sind HIV- und Organspendepatienten. Normalerweise kommt das körpereigene Abwehrsystem mit den Sporen klar, jedoch nicht, wenn es geschwächt ist. Der Pilz gelangt über die Lunge in die Blutbahn und greift anschließend das Gehirn an, was lebensbedrohlich ist.

Der Patientin geht es wieder gut

Nachdem endlich die Ursache bei der Frau gefunden und behandelt wurde, konnte sie nach 24 Tagen das Krankenhaus wieder verlassen. Ihre Wahnvorstellungen sind seid diesen Zeitpunkt völlig verschwunden.