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Bahnschlägerprozess: Opfer und Täter brüllen vor Gericht

Tumulte im Mannheimer Landgericht

Dieser Prozess vor der Jugendkammer des Mannheimer Landgerichts ist explosiv: Tumulte im Zuschauerraum

Drei junge Männer sollen Anfange des Jahres einen 29 Jährigen krankenhausreif geprügelt haben, als der sich in einer Straßenbahn der Linie 5 bei Weinheim schützend vor eine junge Frau gestellt hatte. Sie war übel belästigt worden. Doch für seine Zivilcourage muss Mehmet Efetürk einiges einstecken. Die Täter schlagen und treten auf ihn ein, schließlich sollen einige von ihnen von den Sitzbänken auf Mehmets Kopf gesprungen sein. Um sich zu schützen, kriecht er unter den Sitz. Taufik M., einer der Angeklagten, habe ihn dort wieder hervorgezogen, ihm gedroht ihn umzubringen und warf ihn wieder auf den Boden. "Das Gesicht werde ich niemals vergessen", berichtet der Zeuge. Als Fahrgäste rufen, dass die Polizei kommt, flüchten die Schläger. Efetürk übergibt sich draußen und läuft zur nächsten Polizeistation. Von dort wird er ins Weinheimer Krankenhaus gebracht. Drei der sechs Angeklagten hat er jetzt vor Gericht wieder erkannt.

Opfer und Täter stehen sich gegenüber

Er dachte, er kommt da nicht lebend mehr raus. Solche Todesangst hatte Mehmet Efetürk. Er erleidet bei der Attacke einen Bruch des Nasenbeins, zwei Rippenbrüche sowie Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper. Bis heute habe er Schmerzen im Brustbereich. Manchmal falle ihm das Atmen schwer. Demnächst muss seine Nase noch einmal operiert werden. Mehrere Monate ist er krankgeschrieben. Einen angebotenen Job kann er deshalb nicht antreten. Erst seit zehn Tagen arbeitet er wieder. Gravierend sind auch die psychischen Folgen. Sein Mandant sei immer noch traumatisiert, sagt Anwalt Thomas Bach. Seit April erhält Efetürk psychotherapeutische Hilfe. Gegen Depressionen nehme er Medikamente ein. Nachts schrecke er aus Alpträumen hoch, in denen ihn jemand erwürgen will, sagt der 29-Jährige. Nach der Tat hätten unbekannte Leute Kontakt zu seinem Bruder gesucht. Ihr Vorschlag: "Sie haben Geld geboten, wenn ich die Anzeige zurücknehme", sagt Efetürk. Er habe dies aber abgelehnt.

Auch die belästigte Frau sagt aus

Auch die in der Straßenbahn belästigte Frau wird an diesem Tag als Zeugin gehört. Die 25-Jährige bestätigt dabei einige der Aussagen des Opfers. Sie erkennt zwei der vor Gericht stehenden Männer wieder. Es sind Jermaine L. und Taufik M. Der Angeklagte L. habe sie zunächst "dumm angemacht" und dann übel beleidigt. Beide hätten Efetürk misshandelt.  L. sei auf den Sitz gestiegen und dann herunter gesprungen. Ob auf den Kopf des Opfers, das kann sie nicht sagen. Taufik M. habe mit Schaum vor dem Mund Efetürk "von hinten gepackt und dann draufgeschlagen". Und diesen mit dem Tode gedroht. Als Taufik M. seinen Ausweis in der Straßenbahn liegen lässt, nimmt sie das Dokument an sich. Bei Recherchen im Internet sei sie auf Jermaine L. gestoßen.

Tumulte vor Gericht

Schon an den bisherigen Gerichtstagen lief es nicht sonderlich ruhig. Doch diesmal eskaliert die Situation. Über 50 Zuschauer wohnen dem Prozess an diesem Tag bei, fast alles Verwandte und Freunde der insgesamt sechs Angeklagten. Nach der Pause dann das: Opfer Efetürk wurde von der Mutter des mutmaßlichen Täters Taufik M. am Mannheimer Paradeplatz bedroht - in der Verhandlungspause. Das Opfer filmt die Frau angeblich dabei, als sie ihm auf arabisch droht, Efetürk werde den Prozess und seine Aussagen noch bereuen. Er werde noch sehen, was er davon habe. Nachdem Efetürk das zu Protokoll gibt, stellt Taufik M. erneut spitzfindige Zwischenfragen. Da platz dem Opfer der Kragen: "Du zeigts doch keine Reue". Das brüllt er durch den Gerichtssaal. Nun springen Begleiter der Mutter von Taufik M. auf, es wird kreuz und quer durch den Saal geschriebn. Auch einer der Angeklagten schreit Beleidigungen raus, die auf den Bruder des Opfers und dessen Begleiter abzielen. Zehn Polizeibeamte müssen geholt werden um die explosive Stimmung zu beruhigen. Der Prozess geht bis Ende Januar, den Verdächtigen drohen Verurteilungen wegen scherer Körperverletzung.