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SC Freiburg hadert und will kämpfen

Frustabbau gegen Schalke

In Fußball-Freiburg gab es in der zurückliegenden Woche kein anderes Thema als die ungerechtfertigte rote Karte gegen SC-Innenverteidiger Caglar Söüncü beim Spiel in Stuttgart. Nur mit Mühe schafft es die Mannschaft, sich auf das bevorstehende Heimspiel gegen den Tabellenfünften Schalke 04 (Samstag, 15.30 Uhr) zu konzentrieren.

Ein übereifriger Videoschiedsrichter und offensichtliche Unsicherheiten bei der Befugnisauslegung der neuen Kontrollinstanz in Köln hatten in Stuttgart zu etwas geführt, das viele spontan als einen Skandal bezeichneten. Söyüncü hatte nachträglich durch eine Intervention des Videoschiedsrichters eine rote Karte wegen eines Handspiels erhalten, obwohl er unmittelbar zuvor selbst gefoult worden war (was das und die zwingend zu bejahende Frage, ob er damit eine klare Torchance vereitelt hatte, sehr strittig war.

Da Videoschiedsrichter klar definiert nur bei Spielerverwechslungen, Torentscheidungen, Elfmetern und roten Karten eingreifen dürfen, 'musste' Söyüncü quasi rot erhalten, weil sonst das nachträgliche Eingreifen des Videoschiedsrichters in das weiterlaufende Spiel nicht von dessen Befugnissen gedeckt gewesen wäre. Dem Videoschiedsrichter war es offensichtlich zu schwer gefallen, ein von seinem Kollegen auf dem Platz übersehens Handspiel laufen zu lassen, obwohl er genau das hätte tun müssen, zumal - wie erwähnt - noch ein unmittelbar vorangegangens Foul des Stuttgarter Spielers auf den TV-Bildern klar zu erkennen war.

Der Schiedsrichter auf dem Platz wiederum hatte nicht die Chuzpe besessen, seinem Kollegen an den Bildschirmen zu widersprechen, obwohl er genau das als ausdrücklich höchste und entscheidende Instanz darf und auch soll. Beispielhaft hatten sich hier die rein menschlichen Schwächen des Systems entlarvt: Dem ausgebildeten und praxiserprobten Schiedsrichter an den Monitoren gelingt es manchmal nicht, Fehlentscheidungen seines Kollegen auf dem Rasen außerhalb seines eigenen, klar definierten Zuständigkeitsbereiches wie vorgesehen zu ignorieren. Die Schiris auf dem Platz widerum stehen unter großem Wahrheitsfindungsdruck und nehmen den videobewehrten Kollegen in Kön einfach alles 1:1 für bare Münze ab - und verzichten auf ihre Deutungshoheit.

Bevor jetzt die Abschaffung des neuen Systems gefordert wird, sollten alle Beteiligten dringend nochmals die skandalösen Szenen der zurückliegenden Wochen unter die Lupe nehmen und sich auf die Zurückhaltung gebietende Einhaltung des existierenden Regelwerks ebenso verständigen wie auf den künftigen Umgang in Auslegungs- und Kompetenzfragen. Denn im Wesentlichen macht das neue System durchaus Sinn und führt zu Verbesserungen, auch wenn diese offensichtlich teuer erkauft sind.

 

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Großes Bild oben: Gedämpfte Stimmung bei SC-Trainer Christian Streich am Donnerstagmittag im Schwarzwaldstadion. 

Foto: Meinrad Schön