Stabile soziale Beziehungen entstehen nicht durch das Chatten über den Messenger, sondern über Unterhaltungen. Besonders Feierlichkeiten sind dafür doch prädestiniert, sollte man meinen. Es täte diesen jungen Menschen gut, das Smartphone auch mal eine Weile in der Tasche oder gleich zu Hause zu lassen. Letzteres ist auch für mich kaum möglich, jedoch achte ich durchaus darauf, mein Handy höchstens dann in die Hand zu nehmen, wenn ich die Uhrzeit in Erfahrung bringen möchte, sofern ich diese Info nicht am Handgelenk trage. Also, weg mit den Handys in gesellschaftlichen Gruppen, Kopf hoch, sich in die Augen sehen, sich unterhalten, lachen und Wein trinken. So entstehen Kontakte und Freundschaften. Freilich habe ich auch Freunde, mit denen ich oft über WhatsApp schreibe. Es gibt mir jedoch ein Gefühl von Nähe und Geborgenheit, wenn ich mit diesen Menschen die ganze Nacht lang in der Küche sitze, wir Wein trinken und über Gott und die Welt reden. Wir müssen aufpassen, dass die jüngere Generation diesbezüglich nicht gänzlich abstumpft.
Millennials im Job: Faul und nicht belastbar, aber alles besser wissen wollen
Kommen wir ans Eingemachte: die jungen Berufseinsteiger der verlorenen Generation Y. In meinem Job sehe ich seit vielen Jahren die Anfang 20-Jährigen kommen und gehen. Oft sind es die jungen Praktikanten, die mir negativ im Gedächtnis bleiben. An ihnen sehe ich, wo die Probleme dieser "Generation Y“ liegen. Sie kommen von der Schule, haben ihr Abi in der Tasche und 20 Jahre lang von ihren Babyboomereltern beigebracht bekommen, dass sie alles schaffen und sein können, wer sie wollen. Mit einem gigantischen Ego betreten diese jungen Menschen dann das Büro, in dem sie „irgendwas mit Medien“ machen wollen. Sie sind frei von realistischen Vorstellungen, aber voll mit einer angelernten Arroganz und Ignoranz, entpuppen sich als faul, unkreativ, untalentiert und wundern sich nach nur wenigen Wochen, warum sie nicht weiter kommen und nicht das tun und lassen können, was sie wollen. Der Grund dafür ist so einfach aber unverständlich für Millennials: Das Berufsleben ist kein Ponyhof. Es ist mitunter hart, gemein und wird schlecht bezahlt. Für die Beförderung gibt es keine Unterschrift von Mama und Papa und keine App, mit der sich Projekte erfolgreich umsetzen lassen, ohne etwas dafür zu tun. Kommt dann noch ein schlecht ausgeprägtes Sozialverhalten hinzu, ist die Karriere jäh beendet, bevor sie angefangen hat. Chefs der alten Schule sehen es nun mal nicht gerne, wenn junge Mitarbeiter stets mit dem Smartphone auf dem Tisch im Meeting oder vor dem Arbeitsplatz sitzen. „Man muss als Führungskraft und Unternehmen doch verstehen, wie Millenials arbeiten“, heißt es dann von selbsternannten Experten im selben Alter, die in der freien Wirtschaft für einen angemessenen Umgang mit deren Generation werben. Junge und erfolgreiche Menschen passen sich zunächst an, um dann das Unternehmen von innen heraus zu verändern und ggf. Strukturen aufzubrechen.
Was dieser Generation fehlt, ist die Leidenschaft, Biss und Durchhaltevermögen
Es muss ihnen klar sein, dass „Lehrjahre keine Herrenjahre“ sind und dass sie währenddessen auch mal Dreck fressen und sich mit Leistung durchsetzen müssen. Nur daraus entwickelt sich eine gewisse Erfahrung und ein dickeres Fell, das sie brauchen, um im weiteren Arbeitsleben zu bestehen. Andernfalls wird sie Berufswelt zerstören und irreparable Schäden an deren Selbstvertrauen anrichten, die nur schwer wieder zu korrigieren sind.
Mehr Praxis und Sozialkompetenz im Studium
Die bereits erwähnte in Watte gepackte Erziehung der Babyboomereltern und die Universitäten mit ihren teilweise praktisch viel zu weit entfernten Studiengängen, die nichts mit dem zu tun haben, was in der Berufswelt verlangt wird, sind nur ein paar Gründe für das Dilemma. Wohl denen, die dual studieren oder ein praxisnahes Studium absolvieren, in denen deren Dozenten und Professoren sie realistisch auf das vorbereiten, was sie später erwartet. Millennials müssen früh und viele Möglichkeiten bekommen, praktisch zu arbeiten. Sie müssen lernen, wie das Sozialgefüge in einem Büro, einem Unternehmen und einer ganzen Branche funktioniert und sich darauf einstellen. Neben der Praxis ist es auch die Empathie und das Fingerspitzengefühl, welches sie mitbringen müssen. Das ist jedoch auch Aufgabe der Eltern, ihnen das beizubringen.
Es erfordert aber auch gute Führungskräfte in Unternehmen, die die „Generation Y“ zwar nicht in Watte packen, aber die Probleme und Herausforderung kennen, um auch sie zu ausgezeichneten Mitarbeitern und Führungspersönlichkeiten auszubilden.
Zum Schluss möchte ich anmerken, dass ich nicht alle 18 bis 25-Jährigen über einen Kamm scheren will. 1968 gab es auch nicht nur Hippies oder Polit-Rebellen. Ich habe in den letzten Jahren fantastische junge Menschen mit grenzenlosem Potenzial kennengelernt, die ihren Weg gehen werden und wissen, was sie erwartet. Viele Millennials wissen nicht, wo ihr Limit ist und lassen sich von kontraproduktiven Attitüden ausbremsen, denen sie Herr werden können, wenn sie sich häufiger selbst reflektieren, Kritik annehmen und sich selbst immer weiter entwickeln wollen.
Viele Grüße, Stefan Schreier