Es ist 20:17 als Phil die Bühne betritt. "Hallo Köln, Hallo Deutschland. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich versprochen hatte, das nie wieder zu tun, aber ich habe euch alle schrecklich vermisst." Standing Ovations. "Nun habe ich ein Rückenleiden und mein Bein ist ziemlich am Arsch, aber nun sind wir alle mal da und werden eine gute Zeit haben." Er nimmt wie zuvor berichtet auf seinem Sessel platz und beginnt zu singen. Da war sie, diese unvergessliche Stimme. Wäre Peter Gabriel damals nicht bei Genesis ausgestiegen und hätte Phil Collins nicht aus der Not heraus den Sänger gegeben, wer weiß ob uns dieses Talent jemals zu teil geworden wäre. Er singt wie eh und je. Äußerlich unversteckbar gealtert, aber wenn man die Augen schließt, ist es sofort wieder 1980. Die erste Hälfte des Konzerts startet mit bekannten, aber ruhigen Songs wie "Against all Odds", "Another Day in Paradise", "Wake Up Call" oder auch dem wunderschönen Duett "Seperate Lives", das Phil mit seiner Gesangspartnerin Bridgette Bryant meisterhaft bestreitet. Auch ein Genesis-Song wird eingestreut ("Follow You, Follow Me") weil "Das ist ja auch ein Teil von mir und ich verstehe mich immernoch fantastisch mit den anderen Jungs!" bemerkt Phil.
Eine Show mit optischer Größe
Kenner bemerken sofort: Die Crew, die sich um Phil Collins schart, ist nahezu die gleiche wie damals. Allen voran Daryl Stuermer an der Gitarre oder Leland Sklar (den viele aufgrund seines langen Bartes unter dem Spitznamen "Dumbledore" oder "Gandalf" kennen) am Bass, auch die Bläser und Backgroundsänger sind bekannte Gesichter. So bekommt die Show nahezu von Beginn an ihren alten Glanz auferlegt. Das bombastische Bühnenbild mit unzähligen Lichtern, Podesten, riesigen LED-Wänden und einer zentralen Projektion auf der abwechselnd Live-Bilder von der Bühne, alte Filmausschnitte von Konzerten und diverse künstlerische Elemente gezeigt werden, gibt der Show auch die optische Größe.
Phil's Sohn Nicholas Collins am Schlagzeug
Neu mit in der Crew ist ein 16-jähriger Schlagzeuger. Für sein Alter bemerkenswert routiniert, abgeklärt, fehlerfrei und unglaublich talentiert fügt er sich ins Bild der erfahrenen mit-60er-Truppe. Sein Name: Nicholas Collins, Papas Sohn steht bei seiner vielleicht letzten Tour mit ihm auf der Bühne und er macht einen fantastischen Job. Die berührendste Stelle in der offensichtlich positiv-intensiven Vater-Sohn-Beziehung: Nicholas wühlt sich in alte Songs seines Vaters, wie dieser erzählt. Quetscht ihn aus zu Geschichten und Texten, will lernen. Das Ergebnis für diesen Abend ist ein Song, den die Welt so noch nie gehört hat: Phil Collins singt eine ruhige und emotionale Ballade begleitet von seinem Sohn am Klavier, zum Abschluss eine Umarmung. "You know what i mean" - Familie, Talent, Liebe, Gänsehautfeeling.
Nach etwa 60 Minuten gibt es eine 20-Minuten-Pause. Energie tanken. Ist nötig - für beide Seiten. Auch das Publikum ist zu diesem Zeitpunkt schon "heiß". Mit der Zeit wurde klar: Phil ist angekratzt, aber noch lange nicht kaputt. Als Phil für seine ersten Worte zu Beginn des Konzerts auf die Bühne trat, saß er auf seinem Stuhl noch mit schwachem Licht beleuchtet, hinter ihm ein großer weißer Vorhang, der die komplette Größe der Bühne und das gesamte Equipment verhüllte. Wenn ich wollte, könnte ich das jetzt als eine Art gewollten Überraschungseffekt bezeichnen. Seht her! So habt ihr mich vermutet, aber so läuft das hier und heute Abend nicht! Ähnlich nahm die Show auch ihre Wendung.