Wie gefährlich sind Tornados in Baden-Württemberg?
Warum Tornados in Baden-Württemberg zwar gefährlich sein können, aber Experten von einer «recht normalen» Saison sprechen – und was bei einem Sturm zu beachten ist.
Warum Tornados in Baden-Württemberg zwar gefährlich sein können, aber Experten von einer «recht normalen» Saison sprechen – und was bei einem Sturm zu beachten ist.
Es ist die Gefahr aus dem Nichts: eine Naturgewalt, die unberechenbar mit bis zu 500 Kilometern pro Stunde über das Land fegen kann. Nach einer Tornadowarnung bleiben meist nur wenige Minuten, bevor im schlimmsten Fall Autos oder Häuser durch die Luft wirbeln.
Auch in Baden-Württemberg treten Tornados immer wieder auf. Wie viele waren es in diesem Jahr – und was war besonders?
Die Fälle
In Baden-Württemberg wurden in diesem Jahr laut Deutschem Wetterdienst (DWD) fünf Tornados über Land bestätigt, die meisten im Sommer: am 4. Juni in Donaustetten, elf Tage später in Zwickgabel und Schönmünzach, am 29. Juli in Rißtissen und am 23. Oktober in Siebersbach. Ende Juli kamen zwei Wasserhosen über dem Bodensee hinzu, die ebenfalls als Tornados gelten. Eine dritte wurde einen Monat später von Lindau aus beobachtet – also von Bayern aus.
«Es ist über dem Bodensee immer schwierig mit der Zuordnung», sagt DWD-Tornado-Experte Marcel Beyer. Deutschlandweit wurden bislang 42 Tornados bestätigt.
Darüber hinaus gibt es mehrere Verdachtsfälle, etwa in Rottweil, Leutenbach, Lenzkirch und Schwäbisch Hall. Ein mutmaßlicher Tornado bei Altheim gilt als «plausibel». Ob weitere Fälle hinzukommen, entscheidet sich erst nach der detaillierten Nachanalyse im Frühjahr.
Die Saison
Nach DWD-Angaben war es eine durchschnittliche Saison – mehr Fälle als im vergangenen Jahr, aber ohne größere Überraschungen. 2024 wurde nur ein Tornado bestätigt, 2023 waren es zwei.
In Erinnerung bleibt aus diesem Jahr vor allem der Tornado von Donaustetten – einer von zwei starken Tornados in Deutschland in den vergangenen Monaten. Er zog mehr als 15 Kilometer weit über Erbach, Illerkirchberg, Reutti und Neuhausen, hinterließ eine rund 50 Meter breite Schneise und erreichte auf der internationalen Skala die Stufe IF 2 mit Windgeschwindigkeiten bis 220 Kilometer pro Stunde. Von dieser Stärke an spricht man von signifikanten Tornados, sagt Beyer.
Tornados in Deutschland
Mit bisher 42 bestätigten Fällen liegt Deutschland leicht unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre (45). Neben den gesicherten Beobachtungen gibt es jedes Jahr zahlreiche Verdachtsfälle, die von der Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland geprüft werden. «Bis zur endgültigen Bilanz im Frühjahr kommen oft noch einige dazu», sagt Beyer. Die Tornadosaison (von Ende Mai bis September) gilt aber als abgeschlossen.
Wirbeln Tornados häufiger?
Tornados treten in Deutschland regelmäßig auf. Dass heute mehr Fälle bekannt werden, hängt auch mit Smartphones und sozialen Netzwerken zusammen – viele Menschen filmen Stürme, sie teilen die Aufnahmen und melden sie weiter. «Der Austausch ist deutlich größer geworden», so der DWD.
Der Klimawandel verändert zwar die Stärke solcher Wirbelstürme, nicht aber deren Anzahl. «Man erkennt eine starke Schwankung von Jahr zu Jahr, aber keinen Trend zu einer Zunahme der Tornadozahlen», teilt der Wetterdienst mit. Im Durchschnitt wurden zwischen 2000 und 2023 jeweils 45 Fälle registriert.
Wie entstehen Tornados?
Tornados entstehen, wenn feuchtwarme Luftmassen aufsteigen und dabei auf trockene Kaltluft treffen. Dadurch bilden sich Gewitterwolken. Kommen dann Seitenwinde hinzu, die die aufsteigende Luft in Rotation versetzen, entwickelt sich ein wirbelnder Wolkenschlauch. Berührt er den Boden, gilt das als Tornado.
Grundsätzlich können solche Stürme überall in Deutschland entstehen, sagt Beyer. Manche Regionen sind zwar anfälliger, dennoch treten sie auch im Südwesten immer wieder auf.
Nachweis
Oft liefern Videos oder Fotos eindeutige Beweise – fehlt solches Material, analysieren Fachleute das Schadensmuster: umgeknickte Bäume, abgedeckte Dächer oder versetzte Fahrzeuge. Das Tornado-Kartierungs- und Untersuchungsprojekt Deutschland hält jedes Detail fest.
Tornados können jederzeit entstehen, besonders aber im Frühjahr und Sommer, meist am Nachmittag oder Abend. Sie dauern im Schnitt zehn Minuten, manchmal nur Sekunden, selten länger als eine Stunde, und legen meist nur wenige Kilometer zurück.
Verhalten
Wer einen Tornado sieht, sollte sofort Schutz suchen – am besten im Keller oder in einem fensterlosen Innenraum. Fenster meiden, Türen schließen, möglichst weit nach innen und unten. Autos bieten keinen Schutz: Sie können mühelos in die Luft gehoben oder weggeschleudert werden.
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