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Außergewöhnliches Wohnen in Baden und der Pfalz

Familie Wiethaler wohnt im alten Bahnhof

Wohnungssuche – ein Thema, dass unglaublich viel Zeit, Nerven und vor allem Geld kostet. Immer teurer werdende Wohnplätze machen vielen Familien aus der Region das Leben schwer.

Familie Wiethaler aus Heidelberg hat für dieses Problem eine außergewöhnliche Lösung gefunden: Sie haben sich das alte Bahnhofsgebäude in Wieblingen zum Eigenheim umgebaut. Cornelia Wiethaler erzählt uns, wie sie zu solch einem exotischen Bauplatz gekommen ist.

Ich habe nach Büroräumen gesucht, aber nichts Passendes gefunden. Alles war sehr teuer und oftmals Betonhäuser mit Kunststoffdämmung. Das war nicht wirklich das, was ich mir vorgestellt habe. Dann habe ich diesen Bahnhof gesehen. Der war recht günstig und es war Liebe auf den ersten Blick.

Damit fing die Geschichte an, sagt sie, das war bereits 2015. Mit 150.000€ war das historische Bahnhofshaus ein wahres Schnäppchen, die Wohnfläche beläuft sich schließlich auf 233 Quadratmeter. Bevor das Großprojekt starten konnte, hatte die Familie noch mit so einigen Unannehmlichkeiten zu kämpfen: Zentnerweise Dreck und Schimmel, außerdem 15 Tonnen bröseligen Putz, den die Familie mühsam von den Wänden kratzen musste. Insgesamt haben 14 fleißige Familienmitglieder und Freunde mitangepackt. Das alte Bahnhofsgebäude sieht durch die vielen helfenden Hände nicht nur wieder gut aus, es hat noch mehr zu bieten. 

Mir war der Klimaschutz sehr wichtig. Deshalb haben wir eine Energieberatung gemacht und nur mit Naturmaterialen gedämmt. Außerdem heizen wir mit Holzpellets aus der Region. Den Verbrauch von fossilen Energien haben wir reduziert und zahlen ungefähr nur noch 20% der Heizkosten, wie hier früher für die Stromrechnung bezahlt wurden.

Das Wohnen am Gleis möge vielen Menschen abstrakt erscheinen. Doch für Cornelia Wiethaler ist es das schönste Heim, was sie sich hätte vorstellen können. Für sie sei es ein richtiges Idyll geworden, über einen hohen Lärmpegel könne sie sich entgegen vieler Erwartungen nicht beklagen. 

Die Leute vergessen oft, dass die Bahnen heute schon viel leiser sind als der Automobilverkehr. Die meisten Züge hier sind ja elektrifiziert, da hört man nur ein angenehmes Summen. Jeder Wasserkocher ist da lauter.

Auch über die Menschen, die ihr am Bahnhofsgebäude begegnen, schwärmt sie. 

Die Menschen hier sind unglaublich nett. Man kann rausgehen und hat so viele freundliche Menschen die einen freundlich anschauen – das ist einfach nur toll. Das sind wirklich ganz viele nette Begegnungen hier mit Menschen, eben weil auch viele Menschen hier ums Haus rumlaufen.

Viele seien auch sehr hilfsbereit. So hat ihr jemand Hilfe beim Umgraben ihres Gartens angeboten, ein anderer half ihr beim Einladen von schweren Kübeln ins Auto. Es scheint, als würde die Familie von ihrer Umgebung nur profitieren. Schließlich trennt lediglich die Hauswand das Schlafzimmer vom Bahnsteig. Man habe öfters die Situation, dass man beim Lüften jemanden vor dem Fenster antreffe. 

Wenn wir das Fenster aufmachen, dann könnte der quasi aufs Kopfkissen greifen.

Seit Februar lebt Familie Wiethaler nun in ihrem neuen Zuhause – dem Wieblinger Bahnhof, direkt am Gleis 1.  Außergewöhnliches Wohnen ist das allemal. Und noch viel mehr als das. 

Es ist einfach ein Gefühl von Freiheit, von Gemütlichkeit und auch von Ruhe - wie eine Oase.