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Parteien im Gemeinderat reagieren skeptisch

Kneipen in Heidelberg müssen früher schließen

Das Gericht hat entschieden: In der Altstadt in Heidelberg muss eine geänderte Sperrzeiten-Regelung her. Schon die Richter in der letzten Entscheidung zur Sache, beim Verwaltungsgerichtshof, hatten nicht erkannt, warum die Nacht auf Freitag für die Anwohner weniger schützenswert sein soll, als die anderen Nächte - so sah es nun auch Richterin Christine Warnemünde so. Die Clubs und Kneipen in der Altstadt sollen künftig unter der Woche um 0 Uhr und an Wochenenden um 2:30 Uhr schließen. Auf Nachfrage reagieren Heidelberger Gemeinderäte aber reserviert.

Das Gericht kann ja nicht einfach eine neue oder geänderte Sperrzeiten-Regelung für die Heidelberger Altstadt erlassen - so eine kann nur der Gemeinderat verabschieden. Dessen nächste Sitzung ist erst im Oktober. Allerdings hat das Gericht wohl eine Frist von vier Wochen gesetzt, um auf die Entscheidung zu reagieren. So könnte eine Sondersitzung des Gemeinderats nötig werden, sagt der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Jan Gradel, gegenüber Radio Regenbogen. Der Anwalt der Kläger, also der der lärmgeplagten Anwohner, Dr. Werner Finger, ist sich jedenfalls sicher: "Mit der Verurteilung kommt der Gemeinderat nicht mehr darum herum, mit strengeren Sperrzeiten endlich für Ruhe zu sorgen."

Bedauern über die Entscheidung in den Fraktionen

Aber wird sich der Rat tatsächlich an die Entscheidung der Richter halten? Radio Regenbogen hat nachgefragt. 
Die größte Fraktion im Rat stellen die Grünen - da ist man sich über den Umgang mit der Entscheidung noch nicht sicher. Am Nachmittag soll es eine Besprechung geben, dann wohl eine Entscheidung. 
Platz zwei mit je sieben Ratsmitgliedern teilen sich CDU und SPD.

Dr. Jan Gradel, der CDU-Fraktionsvorsitzende, sagt gegenüber Radio Regenbogen: "Das ist blöd für uns, aber auch blöd für die ganze Stadt, wenn man so eine Studentenstadt so früh abschließt." Wir prüfen als CDU die Entscheidung und Begründung. Fraglich ist für uns, ob es sich hier um Einzelfallentscheidungen handelt, also nur die vier Kläger betroffen sind oder doch das ganze Gebiet. Ist tatsächlich ein Normerlass ergangen? Ist die Entscheidung bindend, dann ist sie bindend - und wir halten uns auch daran. Allerdings muss man sich doch das gesamte Nutzerverhalten anschauen - und die Gastronomie in der Altstadt ist für Studenten ebenso wichtig wie etwa für Touristen. Die Stadt fragen wir: Warum wurden andere, aus unserer Sicht, sinnvolle Maßnahmen - wie die Einführung eines Nachtbürgermeisters - nicht umgesetzt? Wie gesagt: Wir prüfen, was in der Begründung steht - sollte es eine zu kurze Frist geben (die nächste ordentliche Gemeionderatssitzung ist erst im Oktober), braucht es eine Sondersitzung des Gemeinderats.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Andreas Grasser, sagte uns: "Ich persönlich bin nicht glücklich über die Entscheidung und plädiere dafür, vor Gericht Berufung einzulegen - dabei glaube ich auch, dass die Mehrheit im Rat dafür wäre." Uns liegt noch keine Begründung des Urteils vor, die meisten Gemeinderäte aus unserer Fraktion sind außerdem gerade bei der Arbeit. In der Kürze der Zeit konnten wir also noch keine Position der Fraktion herausarbeiten. Weil wohl innerhalb von vier Wochen Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt werden müssen, kann ich mir auch vorstellen, dass die Stadt gegebenenfalls vorsorglich in Berufung geht - das könnte man ja gegebenenfalls auch wieder zurückziehen. 
Dann folgen nach größe der Fraktionen Die Linke, die FDP und die Heidelberger mit jeweils drei Sitzen im Rat. 

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Rat in Heidelberg, Sahra Mirow, im Radio Regenbogen-Interview: "Diese Sperrzeiten würden das Nachtleben komplett lahmlegen - wir finden es schade, dass die Situation so kollidiert ist." Ich bin natürlich nicht glücklich mit der Entscheidung, habe aber weiter die Hoffnung, eine liberalere Einigung zu finden. Wir müssen nun die Entscheidung erstmal diskutieren - das wird natürlich durch die Sommerpause derzeit nicht einfacher. Wir haben die Position, dass der Gemeinderat die Sperrzeiten festlegt, halten uns aber natürlich an gerichtliche Entscheidungen. Wir hätten uns einen Ausgleich gewünscht, eine Lösung, in der die Interessen beider Seiten vertreten sind - das sehen wir in dieser Gerichtsentscheidung nicht. 
Die anderen Fraktionen waren für ein Statement noch nicht zu erreichen - allerdings ist schon jetzt klar: Es entwickelt sich Gegenwind im Heidelberger Gemeinderat gegen die neuen Sperrzeiten.