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Mannheimer Corona-Studie liefert neue Erkentnisse

Weniger Akzeptanz. Mehr Freunde treffen.

Seit dem 20. März wird mit Online-Fragebögen die Mannheimer Corona-Studie durchgeführt. Täglich werden dafür rund 500 Deutsche zu ihren Einstellungen und Aktivitäten in der Corona-Krise befragt. Vor allem die Akzeptanz für die weitreichenden Corona-Maßnahmen wie Schulschließungen ist im Laufe der letzten Wochen deutlich gesunken.

Wie viele Freunde haben Sie in den letzten sieben Tagen getroffen? Wie finden Sie, dass Schulen geschlossen und Grenzen dicht sind? Diese und andere Fragen müssen die Teilnehmer der Mannheimer Corona-Studie einmal wöchentlich beantworten. Und bei Vielen hat sich im Laufe der Zeit die Meinung deutlich geändert. Zum Beispiel werden die sozialen Kontakte längst nicht mehr so eingeschränkt, wie noch zu Beginn der Pandemie Ende März. Aber nicht nur das Verhalten hat sich verändert, so haben die Deutschen weniger Angst vor dem Virus und akzeptieren immer weniger die Maßnahmen der Regierung um die Pandemie einzudämmen. 
 
Was ist die Corona-Studie?

Einmal täglich beantworten deutschlandweit um die 500 Menschen einen Onlinefragebogen. Insgesamt nehmen 4500 Menschen an der repräsentativen Studie teil. Die Teilnehmer sind zwischen 18 und 76 Jahre alt. Wissenschaftler der Universität Mannheim werten die Antworten täglich aus. Die Uni Mannheim hatte die Sozialstudie schon vor Corona durchgeführt und die Menschen alle zwei Monate zu sozialen und ökonomischen Themen befragt. Seit dem 20. März wird die Studie täglich gemacht und bezieht sich hauptsächlich auf Corona-bezogene Themen.
 
Akzeptanz für strenge Maßnahmen sinkt

Was Sebastian Juhl (Doktorand an der Universität Mannheim) und seinen Kollegen zu Beginn besonders aufgefallen war, war die hohe Zustimmung für weitreichende Maßnahmen wie die Schließung öffentlicher Einrichtung, also vor allem von Schulen und Kitas. Ende März fanden über 90 Prozent der Befragten diese Maßnahmen vernünftig. Genauso groß war die Zustimmung die Grenzen zu schließen und Großveranstaltungen abzusagen, so Juhl.

Das hat sich im Laufe der Zeit deutlich abgeflacht. Insbesondere die Schulschließung und die Schließung öffentlicher Einrichtungen werden jetzt deutlich kritischer gesehen als noch zu Beginn der Studie.

Inzwischen finden es nur noch rund 40 Prozent der Befragten in Ordnung, Schulen und Kitas zu schließen.

In den vergangenen zwei Wochen sehen wir, dass die Zustimmung zu den Schulschließungen insbesondere da abfällt, wo Kinder unter 16 Jahren im Haus sind.

Die Zustimmung für die Grenzschließungen und für das Verbot von Großveranstaltungen ist aber immer noch hoch. Die Akzeptanz für eine allgemeine Ausgangssperre (wie in Frankreich oder Italien) ist in den letzten Wochen wiederum deutlich gesunken (von 60 auf 10 Prozent).

Langsam erhöht sich auch der Anteil derer, die keine Maßnahmen für angebracht halten. Am Anfang lag der Anteil noch bei unter einem Prozent. Jetzt liegt er bei über 6 Prozent.

Wieder mehr soziale Kontakte

Die Leute treffen privat wieder mehr Freunde, Verwandte oder Kollegen. Als die Corona-Maßnahmen der Regierung Ende März in Kraft getreten waren, haben viele ihre sozialen Kontakte komplett reduziert. Ende März (27.03.) gaben 70 Prozent an, dass sie sich in den letzten sieben Tagen weder mit Freunden noch Verwandten getroffen hätten. Vor der Corona-Pandemie lag der Anteil der Studie zufolge bei 15 Prozent. Gut zwei Wochen lang blieb die Zahl stabil. Seit Ostern werden die sozialen Interaktionen aber wieder deutlich mehr. In dieser Woche gaben nur noch 30 Prozent der Befragten an, in den letzten sieben Tagen keine sozialen Kontakte gehabt zu haben. Unklar ist, wie die Treffen ablaufen, also ob die Menschen dabei den Abstand bewahren oder Masken tragen. Den Trend sieht man laut Juhl übrigens in allen Sozial und Alters-Gruppen. Es gibt auch kaum regionale Unterschiede.

Die Maßnahmen zur Beschränkung der Sozialkontakte haben funktioniert: Menschen haben soziale Kontakte deutlich zurückgefahren. Und es über zwei Wochen konsequent durchgehalten. Der Anteil derer die gar keinen privaten sozialen Kontakt hatten ist inzwischen zwar deutlich zurückgegangen, der Anteil liegt aber immer noch deutlich über dem vor Corona-Zeiten. Das Heißt: Die Leute sind immer noch vorsichtiger was persönliche physische soziale Kontakte angeht.

 
Angst vor Corona

Die Studie zeigt deutlich: Die Deutschen haben immer weniger Angst vor dem Corona-Virus. Zu Beginn der Studie (und des Lockdowns) lag der Anteil derer, die ziemlich Angst oder sehr große Angst hatten noch bei 18 Prozent. Inzwischen sind es 8 Prozent. Was den Wissenschaftlern besonders auffällt: Tendenziell haben Frauen mehr Angst als Männer. Die Gruppe der 18-34-Jährigen hat insgesamt weniger Angst als die älteren Befragten. Das persönliche Bedrohungsgefühl spielt in sehr vielen Bereichen eine wichtige Rolle. Die Menschen stimmen den weitreichenden Corona-Maßnahmen eher zu, wenn sie sich von dem Virus bedroht fühlen. Außerdem schränken die Befragten mit einem erhöhten Bedrohungsgefühl ihre sozialen Kontakte mehr ein.
 
Homeoffice

Rund ein Viertel der Befragten arbeitet seit Beginn der Pandemie im Homeoffice. Diese Zahl ist über die letzten Wochen Konstant geblieben. Auffällig ist, dass Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss und einem höheren Einkommen eher die Möglichkeit haben im Homeoffice zu arbeiten. Noch mehr als die Hälfte arbeitet beim Arbeitgeber direkt.
Erhöht hat sich allerdings die Kurzarbeit. Zu Beginn der Pandemie lag sie noch bei 3,4 Prozent – nach Ostern schon bei 11 Prozent. 
 
Wer nutzt Studie

Die Studie der Universität Mannheim wird auch von der Bundespolitik genutzt. Der gemeinsame Krisenstab des Innenministeriums und des Gesundheitsministeriums stehen in regelmäßigem Kontakt mit den Forschern. Genauso wie das Ministerium für Arbeit und Soziales. Allerdings ist die Studie unabhängig und wurde nicht von der Regierung in Auftrag gegeben.