Danke Udo Scholz! Ein Abschiedsbrief an die Legende.
Lieber Udo, ...
Lieber Udo, ...
... es muss Mitte der 2000er Jahre gewesen sein, als ich zum ersten Mal die SAP Arena besuchte. Von Freunden hatte ich damals gehört, wie viel Spaß Eishockey als Zuschauer in Mannheim machen muss. Wegen des Sports und wegen der Atmosphäre. Das wollte ich mir mal ansehen. Ich kann dir nicht mehr sagen, ob wir damals gewonnen oder verloren haben – das war für mich als Erstling irgendwie Nebensache. An was ich mich aber noch lebhaft erinnere, das war die Spannung in der Halle, die Leidenschaft der Zuschauer, die Mischung aus schweißwarmer Luft und kühlem Eis – und deine Stimme, die gefühlt noch die letzte Schraube in der Dachkonstruktion zum Schwingen brachte. Was du da veranstaltet hast, das hat mich nachhaltig beeindruckt. Jede der vielen Zeitungsartikel, Radioreportagen oder Fernsehdokumentationen über deine Arbeit am Mikrofon kann nur annähernd übermitteln, was man als Zuschauer in der Halle gespürt hat. Vermutlich hättest du das Telefonbuch vorlesen können – das Publikum hätte dir an den Lippen gehangen. Das war einfach dein Ding.
Als 2012 die SG Leutershausen auf der Suche nach einem zweiten Hallen-Moderator war, war mir zunächst gar nicht klar, mit wem ich es zu tun bekam. Ich erinnere mich gut, dass die Verantwortlichen mir erst kurz vor dem ersten Treffen erzählten, dass wir ein Team bilden würden. DER Udo Scholz? Ja – der spricht auch bei uns. Da bekam ich weiche Knie.
Bei unserem ersten Treffen in der Heinrich-Beck-Halle saßt du auf der untersten Stufe der Tribüne und ich ging mit ausgestreckter Hand auf dich zu. „Na, Buddy? Ab heute wohl wir beide, oder?“ - Schon in den ersten 20 Sekunden unserer persönlichen Begegnung habe ich deine wichtigsten Merkmale kennengelernt. Deine offene Art auf Menschen zuzugehen, dein lockeres Mundwerk, das nie um einen charmanten Spruch verlegen war, dein markantes Lächeln einhergehend mit deinem zukunftsgerichteten unbezwingbaren Optimismus und deinem zweifelsohne besonderen Charakter. Diese speckigen Lederhosen, die du an diesem Tag getragen hast, sollten mich nicht zum letzten Mal beeindrucken, aber so was gehörte einfach zu dir. Jahrelang saßen wir gemeinsam auf dem Balkon der alten Schulsport-Halle und haben den „Roten Teufeln von der Bergstraße“ zugeguckt. „Der Nikkl wird uns fehlen nächstes Jahr!“ - Die Spieler kanntest du fast alle persönlich und hattest immer deine eigene Meinung über das Team und die Entwicklung. Die ältesten Fans in der Halle hast du namentlich begrüßt, man kennt sich halt, wenn man schon so viel zusammen erlebt hat. Vor und nach jedem Spiel waren die Gespräche mit Spielern und Fans dein Ritual, das die Verbindung gehalten hat. So warst du immer informiert und im Gespräch, was dir sehr wichtig war. Nicht zuletzt war es auch die Energie, die man spürt, wenn man mit dir Seite an Seite arbeitet. Wie ein kleiner Ärger aus dir heraus brach, wenn wir den Ausgleich versemmelten, welche Sprüche dir immer wieder einfielen, die den Zuschauern auch in schwierigen Situationen ein Lächeln schenkten, und wie du dich bis in deine hohen 70er, auch nach deiner doppelten Ellenbogen-Operation, noch die Steigleiter zum Balkon hinauf gehangelt hast. Schon da hast du so viel von deiner Arbeit genossen, auch wenn die Halle klein und das Publikum überschaubar war.
Ich hatte den Haardtblick noch nicht mal betreten, da wurde ich schon lauthals und fröhlichst begrüßt. Wo du warst, da hörte man dich, auch wenn man dich nicht sah. Dein Gastgeber-Gen kam dort zur vollen Entfaltung. Mehr als 5 Minuten warst du selten an einem Tisch gesessen, bevor du zu den nächsten Gästen gezogen bist auf einen Plausch, ein gegenseitiges Versprechen, eine Anekdote aus alten Zeiten. Am Anfang wirkte das auf einen Unwissenden vielleicht ein bisschen großspurig, wenn du immer erzählt hast, wen du alles kennst, was du mit ihm schon erlebt hast und was du noch alles über ihn weißt. Irgendwann hab ich nur noch den Kopf geschüttelt. Spätestens als dich auch der letzte Tankwart an irgendeiner Raststätte auf dem Weg zum Auswärtsspiel mit Handschlag begrüßt hat, habe ich verstanden, wie viel Spaß du am Kontakten und Netzwerken hattest.
Genutzt hast du diese vielen Kontakte vor allem auch für soziale Zwecke, was dich wirklich ausgezeichnet hat. Genau so sehr wie man dir angemerkt hat, dass du die große Bühne brauchst, werde ich auch im kleinen und völlig ohne Rampenlicht nie vergessen, wie du mir im Zeltlager von den Schicksalen der vielen Kinder erzählt hast, denen du Jahr um Jahr eine Chance gabst, aus ihrem schwierigen Alltag für ein paar Stunden zu entkommen und sie strahlen zu sehen, ob hier oder in der Vesperkirche. Ein Einsatz, vor dem man nur ehrfürchtig den Hut ziehen kann, wenn man bedenkt, wie viele kurze Nächte und lange Tage dir das immer wieder beschert hat. Auch deine Arbeit für Adler helfen Menschen, die nur wenige Leute in ihrer Gänze zu schätzen wissen, weil die meisten bis heute keine konkrete Vorstellung davon haben, wie viele Gespräche, Termine und lange Autofahrten du dafür bis zuletzt persönlich wahrgenommen hast.
2016 durfte ich an deiner Seite in der SAP Arena Platz nehmen. Ich hatte richtig Manschetten vor diesem Job. Es war ein offenes Geheimnis zwischen uns beiden, dass es dir nicht leicht gefallen ist, etwas von dem abzugeben, was dir so unglaublich viel bedeutete. Trotzdem hast du mich begleitet, warst mir ein Mentor und hast mich in schwierigen Situationen auch mal an die Hand genommen. Wir haben einen Weg gefunden, unsere Freude und Leidenschaft zu teilen und das hat mich sehr glücklich gemacht. Dein Platz dort stand für mich nie in Frage. Ich wusste von Anfang an, dass keiner dich jemals ersetzen können wird. Dafür war das alles zu sehr in dir drin. Es war nie meine Absicht irgendetwas von dir zu kopieren und trotzdem muss ich mir wohl eingestehen, dass du mich in vielen Dingen geprägt hast, weil es äußerst schwer war, sich deinem Charisma zu entziehen. Die Spieler, die Fanclubs, die Organisation und das Arena-Personal waren deine zweite Familie. Auf der Bank haben wir etliche Tränen gelacht – mit dir und dank dir und dafür haben wir dich geliebt, auch wenn wir es oft nicht zugegeben hätten. Es ist am Ende vor allem das, an dem wir alle uns nur ein Beispiel nehmen können. Du warst ein Bindeglied, die familiäre Atmosphäre hat dir viel bedeutet und es gab für dich immer mehr Lösungen als Probleme. In deinem Kofferraum lag noch immer irgendein Mitbringsel für irgendjemanden, von dem du genau wusstest, wie du ihm eine Freude machen konntest. Dich auch unter anspruchsvollen Umständen nicht verbiegen zu lassen war Teil einer Persönlichkeit, die man heute selten findet. Das hat dir nicht immer Liebschaften eingebracht, was du aber unbesorgt aushalten konntest, da dein bedingungsloser Einsatz und deine guten Absichten am Ende immer unantastbar für dich gestanden haben. Unterm Strich reihe ich mich heute in eine Vielzahl von Menschen ein, deren emotionales Highlight der Woche der Besuch bei den Adlern ist, was hauptsächlich an genau dieser Nähe untereinander und der Liebe zur Sache liegt, für die auch du so umfangreich gesorgt hast, Udo Scholz. Es kann uns nur eine Aufgabe sein, nicht zuletzt vor deinem Andenken, dafür zu sorgen, dass wir uns das immer wieder bewusst machen und dafür einstehen, wenn es die Situation erfordert.
Der Gedanke, dass wir deine Stimme nie wieder hören, treibt mir nun regelmäßig einen Kloß in den Hals. Du hinterlässt eine riesengroße Lücke. Es wird nicht das gleiche sein und trotzdem wird es weiter gehen, wie es auch bei dir und mit dir immer nur weiter gehen konnte. So unvorstellbar mir dein persönlicher Wunsch vom „letzten Atemzug auf dem Eis“ auch schien, so traurig bin ich über die Tatsache, dass es gerade jetzt passierte. In einer Zeit, in der die alte Saison nicht richtig beendet wurde und die neue eventuell nicht richtig begonnen werden kann. In einer Phase der Stille, Unsicherheit und Distanz – was deinem Wesen so sehr widerspricht. Das wird dir einfach nicht gerecht. Das schmerzt.
In Erinnerung bleiben so viele schöne Momente, die wir mit dir erleben durften. Deine Ratschläge, die unzähligen Lacher, Sprüche und Anekdoten, die zahlreichen kurzen Anrufe teilweise mitten in der Nacht, nur um zu hören, wie es mir geht und ob es was neues gibt, für die ich dich manchmal auf den Mond schießen wollte. Ich werde sie vermissen. Für das was du geleistet hast verdienst du großen Respekt und aufrichtige Anerkennung. Wenn ich hoffentlich mal 81 werde, dann wünsche ich mir deine Energie.
Danke für alles, Udo. Auch wenn du uns unfassbar fehlst - du wirst immer in unserer Mitte sein.
Ruhe in Frieden.