Bei der Entscheidung hatte das Landratsamt eine Gesamtabwägung zwischen den widerstreitenden Belangen „Erhaltung des Landschaftsbildes“ und „Förderung der erneuerbaren Energien durch Windkraft“ zu treffen. Die Entscheidung viel zugunsten der erneuerbaren Energien.
Das entscheidende Argument für die Einrichtung einer Windenergiezone am Gießbacher Kopf sei die Windhöffigkeit der Fläche gewesen.
Das Landratsamt Waldshut hat der EnBW Windkraftprojekte GmbH heute die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen des Typs Vestas V126 mit einer Nennleistung von je 3,3 MW, einer Nabenhöhe von je 149 m und einem Rotordurchmesser von 126 m auf dem Höhenzug „Gießbacher Kopf“ in der Gemeinde Häusern erteilt. Die beiden Windräder weisen jeweils eine Gesamthöhe von
212 m auf.
Der Gießbacher Kopf gehöre zu den wenigen Standorten im Landkreis Waldshut, an denen aufgrund der gegebenen Windhöffigkeit eine energetisch sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung der Windenergie überhaupt möglich sei. Der Standort weise eine vergleichsweise hohe Windhöffigkeit auf, so dass für den gesamten Windpark Häusern ein Jahresenergieertrag von rund 21,7 GWh/a zu erwarten sei.
Die genehmigten Anlagenstandorte des Windparks Häusern liegen innerhalb von Waldflächen, die forstlich genutzt werden. Die Anlagenstandorte befinden sich nördlich der Gemeinde Häusern, ordöstlich von St. Blasien und südlich von Blasiwald.
Die Standorte liegen im Landschaftsschutzgebiet (LSG) Häusern, das die Erhaltung einer abwechslungsreichen mit Steinriegeln durchzogenen Waldkuppenlandschaft zum Ziel hat.
Das Landratsamt Waldshut hatte am 29. März 2021 eine Änderungsverordnung zum Landschaftsschutzgebiet Häusern erlassen und bekannt gemacht, mit der am Gießbacher Kopf eine Zone für die Windenergienutzung ausgewiesen wird; die Verordnung trat nach ihrer Bekanntmachung heute am Folgetag in Kraft.
Dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung und dem Beitrag, den diese zum Klimaschutz leisten kann, komme hohes Gewicht zu. Dieser Belang liege aufgrund gesetzlicher Vorgaben, etwa im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg, im besonderen öffentlichen Interesse.
Landschaftsbild habe kein „Alleinstellungsmerkmal“
Das Landschaftsbild im LSG Häusern sei nicht durch eine herausragende Vielfalt, Eigenart und Schönheit geprägt, dass es einem „Postkartenmotiv“, einer besonders hervorgehobenen Landmarke oder gar einem „Kleinod“ entspräche.
Insbesondere zeichne sich das Landschaftsbild auch nicht durch einen Wechsel von offener und bewaldeter Landschaft aus – so das Landratsamt. Der Gießbacher Kopf ist vielmehr ein bewaldeter Bergrücken, wie er im Schwarzwald regelmäßig zu finden sei. Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal, wodurch sich dieser gegenüber anderen Bereichen des Schwarzwaldes sowohl in der näheren als auch der weiteren Umgebung erheblich hervorheben würde, sei nicht ersichtlich.
Wind gab den Ausschlag
Die Gesamtabwägung der divergierenden Belange fiel zugunsten der Zonierung des LSG aus, wobei das entscheidende Argument für die Einrichtung einer Windenergiezone am Gießbacher Kopf die Windhöffigkeit der Fläche sei.
Zudem würden die weiteren Schutzziele der Landschaftsschutzgebietsverordnung (Erhalt der Steinriegel, Feuchtbiotope, felsige Kuppen) durch den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen nicht erheblich beeinträchtigt.
Die Genehmigung der beiden Windkraftanlagen erfolgte im sog. Vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, das sich fast 4 Jahre hinzog.
Von Nachbargemeinden, Privatpersonen, Vereinen und einer Bürgerinitiative sind zahlreiche Einwände gegen das Vorhaben erhoben worden.
Insbesondere benachbarte Gemeinden befürchten bei der Genehmigung der beiden Anlagen einen Präzedenzfall, der zu einer weitreichenden Verunstaltung der gesamten Region durch zahlreiche weitere Windkraftanlagen im Hochschwarzwald und zu negativen Auswirkungen auf den Tourismus führen könne.
Landratsamt sieht keine Präzedenzwirkung
Der Örtlichkeit am Gießbacher Kopf komme für das Landschaftsbild des Hochschwarzwaldes keine Präzedenzwirkung zu, die Errichtung und der Betrieb der beiden Anlagen führe, wie die Landschaftsbildanalysen im Nah- und Fernbereich zeigen, zu keiner weitreichenden Vorbelastung. Da bei der Beurteilung von Eingriffen in das Landschaftsbild vorrangig auf die konkreten Verhältnisse am jeweiligen Vorhabenstandort abzustellen seien, würde sich bei weiteren Windkraftplanungen in Bereichen, die sich durch eine wegen ihrer Schönheit und Funktion herausragende Umgebung auszeichnen, die Abwägung immer noch zu Gunsten des Landschaftsbildes durchsetzen.
So zeige etwa auch die Tourismusentwicklung in den vergangenen Jahren in St. Peter im Schwarzwald, in dessen Gemarkungsbereich sechs Windkraftanlagen in exponierter Lage und darüber hinaus auf den benachbarten Gemarkungen in unmittelbarer Sichtweite weitere sechs Anlagen errichtet wurden, eindrücklich, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen und Einbußen in der Tourismusbranche nicht erweisbar sei.
Das Landratsamt Waldshut habe sich mit den zahlreichen Einwänden gegen das Vorhaben, auch zum Naturschutz und Immissionsschutz in einer über 80-seitigen Entscheidung eingehend auseinandergesetzt.