Radio
jonathan-velasquez (unsplash)
Radio
1400 Köche, Servicekräfte und Hotelkräfte haben im Corona-Jahr gekündigt

Viele Freiburger Gastronomen und Hotels leiden unter extremer Personalnot

Die Freiburger Gastronomen und Hoteliers leiden stark unter Personalmangel- und das ausgerechnet jetzt in der Sommersaison.

Innerhalb des vergangenen Corona-Jahres sind rund 1400 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte abgewandert- das ist mehr als jeder sechste Beschäftigte in der Branche, teilte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastsätten mit.

Durch das niedrige Kurzarbeitergeld haben viele nicht gewusst, wie sie über die Runden kommen und haben sich deswegen einen anderen Job gesucht, so die Gewerkschaft.

Wenn die gut ausgebildeten Fachkräfte in Anwalts- oder Arztpraxen die Büroorganisation übernehmen oder in Supermärkten zwei Euro mehr pro Stunde verdienen als in Hotels und Gaststätten, dürfe es niemanden überraschen, dass sich die Menschen neu orientierten.

Schon vor Corona habe das Gastgewerbe nicht gerade für rosige Arbeitsbedingungen gestanden. Unbezahlte Überstunden, ein rauer Umgangston und eine hohe Abbruchquote unter Azubis seien nur einige strukturelle Probleme. Die Unternehmen haben es über Jahre versäumt, die Arbeit attraktiver zu machen. Das rächt sich jetzt, so die Gewerkschaft.

Wirte und Hoteliers hätten nun die Chance, die Branche neu aufzustellen. Zwar seien viele Firmen nach wie vor schwer durch die Pandemie getroffen. Doch wer künftig überhaupt noch Fachleute gewinnen wolle, müsse jetzt umdenken und sich zu armutsfesten Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen bekennen. Dazu seien Tarifverträge unverzichtbar,

Außerdem hätten Servicekräfte auch ein Recht darauf, vor dem Dienst zu wissen, wann Feierabend ist. Sie haben Anspruch auf eine anständige Bezahlung – unabhängig vom Trinkgeld. Und auf eine faire Behandlung durch den Chef, so  Claus-Peter Wolf von der NGG-Region Schwarzwald-Hochrhein.

Gastronomen, die das Mittagessen so günstig anböten, dass sie davon das Personal nicht mehr bezahlen könnten, machten ohnehin grundsätzlich etwas falsch.

Viele Gäste sind durchaus bereit, ein paar Cent mehr für die Tasse Kaffee zu bezahlen – gerade jetzt, wo den Menschen bewusst geworden ist, dass der Besuch im Stammlokal ein entscheidendes Stück Lebensqualität ist“, so Wolf.

Die Gewerkschaft NGG verweist zudem auf die umfassenden Finanzhilfen des Staates für angeschlagene Betriebe. So können sich Hotels und Gaststätten im Rahmen der Überbrückungshilfen in diesem Monat bis zu 60 Prozent der Personalkosten bezuschussen lassen, wenn sie Angestellte aus der Kurzarbeit zurückholen (Restart-Prämie).

„Klar ist: Köchinnen, Kellner & Co. freuen sich darauf, endlich wieder Gäste empfangen zu können. Viele arbeiten mit großer Leidenschaft im Service. Auf diese Motiviation können die Betriebe bauen – und sollten das Personal nicht erneut durch prekäre Löhne und schlechte Arbeitszeiten verprellen“, so Wolf weiter.
 
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beschäftigte das Hotel- und Gaststättengewerbe in Freiburg zum Jahreswechsel 6.562 Menschen. Genau ein Jahr zuvor – vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie – waren es noch 8.005. Damit haben innerhalb von zwölf Monaten 18 Prozent der Beschäftigten die Branche verlassen.

Bild: NGG