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Extremsportler ist von Freiburg ins Ahrtal gelaufen

In vier Tagen von Freiburg ins Ahrtal laufen - das hat der Freiburger Extremsportler Philippe Geuer geschafft. Der 46-jährige hat auf der 360 Kilometer langen Strecke zu Solidarität mit den Opfern der Hochwasserkatastrophe aufgerufen und 8.000 Euro Spenden für die Gemeinde Schuld gesammelt. Für besonders betroffene Familien bekam er außerdem vom Europa-Park zehn Tagestickets.

Seinen Lauf startete er am Donnerstag früh in Freiburg, ausgerüstet mit einem kleinen Rucksack, der mit den nötigsten Dingen für die ersten zwei Tage gefüllt war, an denen er alleine lief. Die erste Etappe ging über 85 km nach Vendenheim bei Straßburg, wo er übernachtete. Am Freitag, dem 13.08.2021, ging die zweite Etappe über 115 km von Vendenheim nach Sankt Wendel. Die Strecke wurde hier schon bergiger und die Temperaturen waren extrem heiß. Am Rhein-Rhône-Kanal war kaum Schatten und zur Mittagszeit war die Hitze quälend.

Ab Samstag hatte Geuer dann Verpflegungssupport. Die Strecke ging am dritten Tag über 75 km von Sankt Wendel im Saarland nach Traben-Trarbach in Rheinland-Pfalz durch eine tolle Gegend, über Landstraßen, Waldwege und quer über Wiesen. Begegnungen mit Läufern und Anwohnern, Bürgermeistern und Hotelliers luden ab und an zum Plausch ein und lenkten so von den Strapazen ab. Die Landschaft und das Ziel, das er vor Augen hatte, trugen ihr Übriges dazu bei, Meter um Meter weiterzulaufen. Und das trotz Sonnenbrand, Rückenschmerzen sowie Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel von Tag drei an, wie Geuer berichtet. Verstärkt wurde das Ganze noch durch die hohen Temperaturen, die durchgehend vorherrschten.

Am vierten Tag stand dann die finale Strecke von Traben-Trarbach nach Schuld auf dem Plan. Noch mal 85 km, die es in sich hatten. Anfangs bergig durch die Weinlandschaft der Traben-Trarbacher Region, wechselte die Laufstrecke immer öfter auf Landstraßen, die dann in der prallen Sonne lagen. An diesem Tag war der Luftwaffenstützpunkt Büchel ein Laufhighlight und Etappenzwischenziel, dort wurde Geuer schon erwartet. Der Stützpunkt hat maßgeblich dazu beigetragen, die Jets und Hubschrauber, die an den Aufklärungs- und Hilfsflügen über der Ahrregion beteiligt waren, zu koordinieren, zu betanken und auszurüsten − eine wichtige und schnelle Hilfe.

Weiter ging es in Richtung Schuld. Auf den letzten Kilometern ließ Geuer die Gesamtstrecke Revue passieren, er erinnerte sich an die tollen Einzelstrecken, an schöne Momente und an interessante Begegnungen mit hilfsbereiten, offenen Menschen, die gerne mit Trinkwasser aushalfen und immer aufmunternde Worte für den Läufer und auch als Botschaft für die Menschen in der Flutregion hatten.

Als er dann schließlich in das Tal einbog, in dem Schuld liegt, oder sollte man besser sagen: lag, kam er sich vor, als sei er in einer Kriegsregion. Haufenweise zerstörte Autos und vor allem Häuser, von denen teils nur noch die Fundamente übrig waren. Überall Schutt, Geröll, Zerstörung und Dreck. Furchtbar, dachte Geuer, dem die Tränen in die Augen schossen, als er die Zerstörungen in Schuld sah, denn kurz vorher lief er an einem Schild am Ortseingang vorbei, auf dem stand: „Schuld − unser Dorf hat Zukunft“. „Das lässt einen einfach nicht kalt und man realisiert, wie gut man es hat, selbst nicht betroffen zu sein. Da rücken die eigenen Wehwehchen ganz schnell in den Hintergrund", sagte Geuer.

Empfangen wurde Philippe Geuer von Bürgermeister Helmut Lussi. „Ich habe einen sehr engagierten, kämpfenden Bürgermeister getroffen, der hochemotional mit Tränen in den Augen seine Gemeinde zeigte, sodass ich mir ein Bild davon machen konnte, was alles auf solche zerstörten Gemeinden, auf Helfer und Bürger in den nächsten Jahrzehnten zukommt.“

Insgesamt sei es ein toller Lauf mit vielen interessanten, herzlichen Begegnungen gewesen. Philippe Geuer lobt die Hilfsbereitschaft der Hotels auf der Strecke, die ihm ermöglichten, am nächsten Tag immer entspannt in die nächste Etappe zu starten. Die Hilfsbereitschaft der Menschen während des Laufes sei super gewesen, wenn er zum Beispiel nach dem Weg gefragt habe oder mit Wasser versorgt worden sei. Er dankt auch den Helfern in der Hochwasserregion vor Ort, angefangen bei der Bundeswehr, dem Roten Kreuz, dem Technischen Hilfswerk, den Feuerwehren und Polizeistellen, sowie den Ämtern und den Menschen, die von überall herkommen und helfen.

Geuer, der 2013 einen schweren Radunfall mit drei Monaten Koma hatte, setzt sich mit solchen sportlichen Events schon lange ein und versucht auf diese Weise, in seinem Rahmen Hilfe zu leisten. Er hat durch seinen eigenen Unfall gemerkt, wie wichtig es ist, Hilfe zu bekommen, um wieder auf den Beinen stehen zu können. Und sei es nur durch seine bescheidenen Mittel in Form eines solchen Laufes, um die Öffentlichkeit zusätzlich zu sensibilisieren und zu Spenden aufzurufen.

Foto: privat