Verbesserungen für Fahrgäste der Breisgau S-Bahn
Verspätungen, Zugausfälle - viele Fahrgäste der Breisgau S-Bahn sind extrem genervt. Mit einem Sofortprogramm will Verkehrsminister Winfried Hermann jetzt verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.
Verspätungen, Zugausfälle - viele Fahrgäste der Breisgau S-Bahn sind extrem genervt. Mit einem Sofortprogramm will Verkehrsminister Winfried Hermann jetzt verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.
Hier sind die Maßnahmen, die eine Arbeitsgruppe aus Land (Verkehrsministerium, NVBW), Zweckverband Regio Nahverkehr Freiburg (ZRF) und DB Regio Baden-Württemberg erarbeitet und beschlossen haben:
Sofortige Umsetzung
1. Vorrangigkeit der Anschlusssicherung in Gottenheim Immer wieder wird beklagt dass die Umsteigebeziehung vom östlichen Kaiserstuhl nach Breisach und zurück nicht zuverlässig funktioniert, weil vor allem in Verspätungssituationen Anschlusszüge knapp „vor der Nase“ wegfahren und Wartezeiten von 30 oder gar 60 Minuten entstehen. Um den Umsteigeanschluss zukünftig sicherzustellen, wurden bereits zwei Maßnahmen umgesetzt:
- es wird trotz enger Fahrpläne von DB Regio eine neue Wartezeitregelung in Gottenheim eingeführt (Mindestwartezeit von zwei Minuten auf Anschlusszüge). Damit soll sichergestellt werden, dass in Gottenheim alle Anschlüsse zuverlässig funktionieren.
- Bereits seit Mitte Januar bis Ostern 2022 wird eine Person der DB als Anschlusssicherer eingesetzt, der in der Anlaufphase der neuen Regelung die Zugabfahrten in Gottenheim überwacht. Der Anschlusssicherer kann den Anschlusszug zurückhalten, damit dieser nicht vor den Augen der Umsteiger abfährt. Dieser Anschlusssicherer wird vom Land finanziert.
2. Kein Auslassen des Haltepunkts Freiburg-Uniklinik und von Haltepunkten westlich Hugstetten Da infrastrukturell zwischen Freiburg Hauptbahnhof und Gottenheim auf der eingleisigen Strecke keine Zugbegegnungen möglich sind, bleibt bei größeren Verspätungen in Ausnahmefällen nur das Mittel von Zugdurchfahrten an planmäßigen Haltestellen, um den Fahrplan für die Folgefahrten wieder zu stabilisieren. Es wird nun seitens der DB Regio in der Disposition sichergestellt, dass der Halt FR-Uniklinik in keinem Fall ausgelassen wird, um diese zentrale Infrastruktureinrichtung sicher anzubinden. Zugleich dient die Bedienung dieses Halts dazu, dass bei einem dispositiven Auslassen anderer Halte zwischen Gottenheim und FR-Uniklinik hier zeitnah auf den Gegenzug gewechselt werden kann, so dass die Fahrgäste mit nur geringer Verspätung ihr Ziel erreichen können.
Ein Auslassen von Halten an der Kaiserstuhlbahn-Ost, insb. des Bahnhofs Eichstetten, erfolgt ebenfalls nicht mehr, da dort keine zeitnahen Alternativmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden können.
3. Kostenlose Taxibeförderung für gestrandete Fahrgäste bei im Notfall dispositiv ausgelassenen Zughalten Bei solchen zum Verspätungsabbau im Einzelfall dispositiv erforderlichen Durchfahrten an Stationen zwischen Gottenheim und Freiburg Universität/Messe haben die Fahrgäste zukünftig die Möglichkeit, ein Taxi zu nutzen. Die Kosten für die Taxifahrt werden den Kunden erstattet, die Kosten dafür trägt das Land aus Strafzahlungen des Betreibers für Qualitätsmängel der Breisgau-S-Bahn. Darauf und auf die Wege zur Taxi-Bestellung wird an den Stationen proaktiv (Plakate mit QR-Code zur Bestellung bei der Taxizentrale Freiburg) hingewiesen. Für die Fahrgäste im Zug erfolgt die Information über die bevorstehenden Durchfahrten rechtzeitig vor der Abfahrt des Zuges in Freiburg Hbf bzw. in Gottenheim.
4. Datentransparenz für eine faktenbasierte Diskussion
Die Verantwortlichen sind überzeugt: die objektive Qualitätslage der Breisgau-S-Bahn hat sich bereits verbessert. Die Nahverkehrsgesellschaft des Landes (NVBW) analysiert gegenwärtig regelmäßig und detailliert (zug- und tagesscharf) die Verspätungsdaten, die Anschlusserreichung und die Erfüllung der bestellten Kapazitätsvorgaben. Zur Versachlichung der Diskussion werden die Daten nicht nur für den ZRF, sondern auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Umsetzung im Laufe des Jahres 2022
5. Verbesserung der Fahrgastinformation bei Störfällen Kritisiert wurde in der Vergangenheit immer wieder, dass bei Störfällen die Fahrgastinformation unzureichend ist, weil die Leitstellen gerade bei Unregelmäßigkeiten derart betrieblich-dispositiv gebunden ist, dass oft die Information der Fahrgäste leidet. Das Land wird daher in einem Pilotprojekt in der Leitstelle von DB Regio einen gesonderten zusätzlichen Fahrgast-Informationsmanager für den Großraum Freiburg schaffen, der sich ausschließlich um die unmittelbare und zeitgerechte Information der Fahrgäste in den Zügen, an den Haltestellen und über die elektronischen Auskunftssysteme kümmert. Dieser zusätzliche Service wird Montag-Freitag mit zwei Schichten und am Wochenende zunächst mit einer Schicht besetzt. Das Pilotprojekt ist zunächst auf 2 Jahre angelegt und wird vom Land aus Strafzahlungen der Verkehrsunternehmen bei mangelnder Qualität finanziert.
6. Kontinuierliche Schulungen des Personals zur Sicherstellung rascher Betriebsabläufe Jede Bahnstrecke hat ihre Eigenheiten, so auch im Raum Freiburg. Während beispielsweise auf dem "Schwarzwald-Abschnitt" der Linie durch den veränderten Fahrplan inzwischen vergleichsweise großzügige Pufferzeiten enthalten sind, zählt auf dem eingleisigen Abschnitt westlich Freiburg Hbf jede Sekunde. Hierfür wird das Fahrpersonal fortlaufend sensibilisiert werden.
Parallel dazu wird das Personal des Infrastrukturbetreibers DB Netz AG um ein schnellstmögliches Stellen der Zugfahrten, z.B. der Ausfahrt in Gottenheim nach Freiburg, angehalten.
7. Schaffung nachfragegerechter Fahrzeugkapazitäten in den Stoßzeiten
Durch stabilere Fahrplankonzept seit Ende 2020 werden zur Produktion der gleichen Zugleistung mehr Fahrzeuge der Breisgau-S-Bahn benötigt. Dadurch können aktuell nicht bei allen Zügen die ursprünglich vorgesehenen und erforderlichen Kapazitäten bereitgestellt werden.
Land und DB Regio sehen daher vor, noch in diesem Jahr ergänzend Fahrzeuge aus anderen Netzen zur Unterstützung heranzuziehen. Dadurch können in kritischen Zügen der Breisgau-S-Bahn mehr Kapazitäten angeboten werden. Dies schafft nicht nur mehr Platz und Komfort für die Fahrgäste, sondern es beschleunigt auch den Betriebsablauf, wenn die Züge nicht überfüllt sind.
Insbesondere der Zug 7.19 Uhr ab Breisach nach Freiburg soll zukünftig doppelt, ab Gottenheim dreiteilig gefahren werden. Die komplexe Planung für die übrigen Zeiten und die Umsetzung läuft. Die vollständige Realisierung soll spätestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 erfolgen.
Um die Kapazität im möglichen Umfang zusätzlich erhöhen zu können, wird geprüft, inwieweit die 1.Klasse zur Nutzung freigegeben, soweit nicht Reisende mit einem derartigen Ticket einen Platz beanspruchen.
8. Beauftragung besserer Fahrgastinformation an den Bahnsteigen
Alle Bahnhaltestellen der Ost-West-Achse zwischen Neustadt und Breisach sollen mit vollwertigen digitalen Zugzielanzeigern ausgestattet werden, wie man sie von größeren Stationen kennt (sog. 4-zeilige dynamische Fahrgastinformation / DFI).
Dort wird auch angezeigt werden, aus wie vielen Zugteilen der nächste Zug besteht, wo welcher Zugteil hinfährt und in welchem Bahnsteigbereich die jeweiligen Zugteile halten (ähnlich wie im ICE-Verkehr). Zudem werden am Bahnsteig die Bereiche gekennzeichnet, in denen die Züge halten. Damit entfällt das Laufen zum Zug, wenn Fahrgäste an einer falschen Stelle des Bahnsteiges stehen, und dies beschleunigt die Betriebsabwicklung.
Die Umsetzung der Ausstattung soll über das LGVFG-Förderprogramm (Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) erfolgen und noch in 2022 beauftragt werden.