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Corona: Was bedeutet Triage?

Wenn Krankenhäuser überlastet sind kommt es vor, dass Mediziner ethisch und moralisch schwierige Entscheidungen treffen müssen, die über Leben und Tod entscheiden. Das Triage-System soll Ärzte und Pfleger dabei entlasten.

Seit Mitte April steht die endgültige Fassung, die von sieben medizinischen Fachgesellschaften entworfen wurde und eine Empfehlung festhält, nach welchen Kriterien ein Behandlungsteam über die Priorisierung eines Patienten entscheiden soll. 
 
Wofür steht Triage?
 
Triage bedeutet „Auswahl“ oder „Sichtung“ und kommt aus dem Französischen. Im medizinischen Kontext beschreibt er die Einteilung von Patienten nach der Schwere ihrer Verletzungen. Dadurch können Ärzte und Pfleger leichter entscheiden, wer zuerst behandelt wird. Bereits im Jahr 1792, während der Napoleonischen Kriege, entwickelte der Chirurg Freiherr Dominique Jean Larrey die Triage. Ziel war es, Soldaten so schnell wie möglich wieder fit für den Einsatz zu bekommen. Also bekamen diejenigen mit den besten Genesungsaussichten zuerst eine Behandlung.
 
Kommt es zu Materialengpässen oder Bettenknappheit dient die Triage dazu, Behandlungsentscheidungen so zu treffen, dass möglichst viele Menschen überleben.
Die Corona-Pandemie stellt eine besondere Belastung für das Gesundheitssystem dar und kommt es zum Ernstfall, müssen Ärzte moralisch höchst schwierige Entscheidungen treffen und abwägen, ob Patient A oder B die Chance zum Weiterleben bekommt.

Die Regierung bereitet sich auf eine Triage vor. Ob und wann das System in Kraft tritt, ist bisher noch nicht bekannt. Allerdings wird die Situation in den Krankenhäusern immer schlimmer und der nächste Schritt wird wohl bald eingeleitet.
 
Entscheidungshilfe für Krankenhauspersonal
 
Um das medizinische Personal mit solch schwierigen Entscheidungen nicht allein zu lassen, ist es wichtig, Richtlinien zur Orientierung zu schaffen. Ein Triage-System entlastet die Mediziner und Pfleger in der Verantwortung. Außerdem schaffen klare Vorgaben eine Chancengleichheit für Erkrankte.
 
Ziele der Triage-Empfehlung
 
Das Ziel soll sein, möglichst viele Menschen in Zeiten knapper Betten auf Intensivstationen, in der Notaufnahme oder in einem anderen Krankenhaus, trotzdem behandeln zu können.  
Als wichtigstes Entscheidungskriterium gilt: Je schneller jemand wieder gesund wird, desto eher ist das Bett für den nächsten Patienten wieder frei.
Um die Erfolgsaussichten zu prüfen, stellten die Fachgesellschaften folgende Kriterien auf:

  • Den Schweregrad der Erkrankung
  • Den allgemeinen Gesundheitszustand
  • Mögliche Begleiterkrankungen
  • Das Alter, sowie Bildungsstand, Einkommen oder sozialer Status dürfen bei der Kontrolle keine Rolle spielen.
  • Nachbarländer

    Die Schweiz aktualisierte zuletzt im September 2021 ihre Triage-Richtlinien und folgen drei ethischen Grundprinzipien: Gerechtigkeit, möglichst viele Leben erhalten und Schutz der involvierten Fachkräfte.
    Österreich veröffentlichte bereits im März 2020 ihre Richtlinien. Generell folgen die Empfehlungen den ethischen Prinzipien von Gerechtigkeit, Nichtschaden für das Gesundheitssystem, Wohltun für den betroffenen Patienten und Respekt gegenüber der anvertrauten Person.
    Auch in Frankreich ist seit 3. April 2020 das Ziel, möglichst viele Leben mit begrenzten Ressourcen zu retten. Der aktuelle Zustand und die Progrone des Betroffenen und der Patientenwille gelten hier als Kriterien.

    Folgen für Patienten

    Abgesagte Operationen und die Auswirkungen sind dramatisch und tragisch zu gleich, Patienten werden auf Wartelisten gesetzt und zusätzlich psychischem und körperlichem Druck ausgesetzt. Anfang der Woche meldeten 75 Prozent aller Krankenhausstandorte mit Intensivstationen einen eingeschränkten Betrieb.
    Gerald Gaß, Vorstandvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte dem Handelsblatt gegenüber: "Konkret heißt das, dass wir wie im Januar 2021 erneut fast jeden dritten Patienten im Regelsystem nicht versorgen können. Wir werden rund 20 Prozent weniger Darmkrebs-Operationen durchführen und etwa sieben Prozent weniger Operationen bei Frauen mit Brustkrebs."