AfD sagt Demo ab - OB Palmer diskutiert dafür mit Partei
Der Einzelhandel kritisiert den Zeitpunkt einer AfD-Demonstration. Die Partei sagt die Veranstaltung ab – im Gegenzug stellt sich Oberbürgermeister Boris Palmer einer öffentlichen Diskussion.
Der Einzelhandel kritisiert den Zeitpunkt einer AfD-Demonstration. Die Partei sagt die Veranstaltung ab – im Gegenzug stellt sich Oberbürgermeister Boris Palmer einer öffentlichen Diskussion.
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) will sich einer öffentlichen Diskussion mit AfD-Abgeordneten stellen. Dies teilte die Kommune mit. Hintergrund der Zusage für die Veranstaltung ist die Absage einer geplanten Demonstration der Partei in der Universitätsstadt. Von der AfD waren 35 Teilnehmer für den Protestzug angemeldet, wie eine Stadtsprecherin auf Nachfrage mitteilte.
Die Stadt begründete Palmers Entscheidung folgendermaßen: «Dies entspricht seiner langjährigen Grundüberzeugung, dass Diskussion und Argumente in der Demokratie auch dann die richtigen Instrumente der Auseinandersetzung sind, wenn eine Partei vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft ist, aber nicht verboten.»
Der genaue Termin für die Podiumsdiskussion stehe bisher nicht fest. Sie soll aber Anfang September 2025 stattfinden, um mindestens ein halbes Jahr Abstand zur Landtagswahl einzuhalten. Der Urnengang in Baden-Württemberg ist für den 8. März 2026 angesetzt.
Die nun abgesagte Demonstration war für Samstag in der Innenstadt geplant. Die Vertreter des Tübinger Einzelhandels wandten sich an das Stadtoberhaupt mit dem Wunsch, die Demo zu verlegen, weil sie starke Umsatzverluste zum Start des Sommerschlussverkaufs erwarteten.
Die Kommune erklärte weiter: «Die Bürgergesellschaft in Tübingen wird mit großer Sicherheit eine viele Tausend Köpfe starke Gegendemonstration auf die Beine stellen.» Das würde zu einem Erliegen des Busverkehrs in der Innenstadt führen. Außerdem würde ein großer Polizeieinsatz notwendig, um die beiden Gruppen zu trennen.
Palmer ist sich möglicher Folgen der Veranstaltung bewusst
Rechtlich ist eine Verlegung der Demo zum Schutz des Einzelhandels vor Umsatzverlusten aber nicht möglich, wie die Kommune mitteilte. Nur aus Sicherheitsgründen seien Einschränkungen möglich. Oberbürgermeister Palmer sei daher an die AfD mit der Frage herangetreten, ob die Demonstration auf einen unkritischen Zeitpunkt verlegt werden könnte. «Der AfD-Landtagsabgeordnete Sandro Scheer verneinte das, bot aber stattdessen an, die Demonstration abzusagen, wenn der Oberbürgermeister sich im Gegenzug bereiterklären würde, mit AfD-Abgeordneten in einer Halle in Tübingen eine öffentliche Diskussion zu führen.»
Die Nachteile einer öffentlichen Debatte von Abgeordneten der AfD mit dem Oberbürgermeister seien materiell deutlich geringer. Sicher müsste die Veranstaltungshalle auch durch die Polizei gesichert werden. Die Kommune ist sich aber durchaus der möglichen Folgen der geplanten öffentlichen Diskussion zwischen Palmer und der AfD bewusst: «Politisch ist allerdings ein Schaden zu befürchten, weil eine solche Diskussion als Bühne für die AfD oder als Beitrag zu ihrer Normalisierung verstanden werden könnte.»
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