Im Südwesten werden immer mehr Kleidercontainer abgebaut. Die Gründe sind vielfältig. Vermüllung neben und in den Containern ist ein Problem. Außerdem ist der Markt für Altkleider zusammengebrochen.
Was passiert da eigentlich?
Altkleidercontainer verschwinden gerade reihenweise, gewerbliche wie auch soziale Träger ziehen sich zurück. Die kirchliche Hilfsorganisation Aktion Hoffnung, die sich um alle Altkleidersammlungen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart kümmert, spricht von einer dramatischen Lage - und einer weiteren, spürbaren Ausdünnung ihres Containernetzes bis Ende des Jahres. Rund 50 Container seien bereits abgebaut, rund 1.300 stehen den Angaben zufolge noch. «Auch ein kompletter Rückzug aus der Sammlung kann aufgrund der strukturellen defizitären Marktlage nicht mehr ausgeschlossen werden», sagt Vorstand Anton Vaas.
«Zwei unserer 49 Kreisverbände haben sich ganz aus dem Geschäft zurückgezogen», berichtet eine Sprecherin der beiden Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Baden-Württemberg. Die Hilfsorganisation Malteser musste im Südwesten in den vergangenen zwei Jahren rund 150 Container abziehen - übrig seien noch 450, sagt ein Sprecher. Aus anderen Bundesländern kommen ähnliche Berichte.
Warum ist das so?
Zum einen sind die Preise für Altkleider dramatisch gesunken. Seit Herbst 2024 decken die Markterlöse die Kosten der Sammlung nicht mehr, erläutert der Malteser-Sprecher. In Folge seien schon zwei große gewerbliche Sammler in Insolvenz, weitere zögen sich zurück. «Diese Entwicklung trifft auch gemeinnützige Anbieter wie uns», sagt er. Denn soziale Träger arbeiten oftmals mit gewerblichen Sammlern zusammen und teilen die Erlöse unter sich auf. Für eine Tonne Altkleider werden unterschiedlichen Berechnungen zufolge am Markt nur noch zwischen 10 und 30 Euro bezahlt - statt wie früher 250, 300 oder sogar 600 Euro pro Tonne.
Außerdem landet immer mehr Schrottkleidung in den Containern: Verdreckt, zerrissen, verfärbt und schlicht unbrauchbar. Es zeige sich, dass die Qualität der abgegebenen Textilien immer mehr sinkt, sagt auch ein Sprecher der Stadt Freiburg dazu. Das erschwere die Vermarktung und Wiederverwertung der Alttextilien deutlich. Völlig unbrauchbare Kleidung kann nicht in andere Länder exportiert werden, sondern wird dann nach Angaben der DRK-Sprecherin von den gewerblichen Partnern höchstens noch zu Lappen und Dämmstoffen verarbeitet.
Wie kommt es zu den Massen an Schrottklamotten im Container?
Das liegt zum einen auch an der sogenannten Fast Fashion, durch die tonnenweise minderwertige Kleider in den Containern landen. Die Menge der Altkleider nimmt also enorm zu - ihre Qualität nimmt gleichzeitig ab.
Zum anderen hat eine neue EU-Richtlinie für große Verunsicherung gesorgt. Denn die legt fest, dass Altkleider nicht mehr in der Restmülltonne entsorgt werden sollten, theoretisch zumindest. In der Folge schmeißen manche Menschen auch unbrauchbaren Textilmüll in den Container statt in die Restmülltonne.
Was für Folgen hat das insgesamt?
Die Umwelt leidet - global allemal wegen enormen Wasserverbrauchs und der Vergiftung von Böden und Gewässern in den Ländern, die Fast Fashion produzieren. Aber auch lokal vor Ort in Städten und Kommunen, denn letztlich landen immer mehr Alttextilien in der Müllverbrennung.
Auch die Träger verzweifeln: Für die Leerung der Container verantwortlich müssen sie mühselig und teuer die Spreu vom Weizen trennen und können auch deswegen nicht mehr kostendeckend arbeiten. Der Verband FairWertung befürchtete in einem Anfang Juli veröffentlichten Papier, dass die bewährte Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Sammlern und den Kommunen in Gefahr sei. Ein Wegfall der Container könne beispielsweise dazu führen, dass die Spendenbereitschaft sinke und dadurch weniger Textilien gesammelt und wiederverwertet werden, erläutert dazu ein Sprecher der Stadt Freiburg.
Der Landkreistag weist darauf hin, dass die Kommunen angesichts dieser Entwicklungen ihr eigenes Angebot an Sammelstellen möglicherweise ausbauen müssten, um das Wegbrechen gemeinnütziger und gewerblicher Sammelstellen aufzufangen. «Dies würde allerdings mit zusätzlichen betrieblichen Aufwendungen und damit auch höheren Kosten zulasten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einhergehen», wie eine Sprecherin sagt.
Wo sollen die Menschen denn nun hin mit ihren alten Klamotten?
Die schlechten in den Restmüll, um bestehende Sammelstrukturen nicht weiter zu gefährden. «Konkret bitten wir die Bürgerinnen und Bürger, stark zerschlissene, verdreckte oder anderweitig kontaminierte Textilien weiterhin über die Restmülltonne zu entsorgen», schreibt FairWertung. Die guten gehören in Container oder direkt zu Secondhand-Läden, Secondhand-Kaufhäusern sozialer Träger - oder auf Flohmärkte.
Denn die erleben eine Art «gebrauchte Kleider-Boom». Es werde dort immer mehr Secondhand-Kleidung verkauft, sagt Stefanie Timke. Sie organisiert seit 1991 in Baden-Württemberg zahlreiche Flohmärkte, darunter den Groß-Flohmarkt auf dem Messplatz Karlsruhe. Vor allem gebrauchte «no name»-Klamotten würden dort immer häufiger angeboten. Die nämlich bringen auf Internetportalen wie Vinted oder Ebay kaum Geld, erläutert sie.
Von Anika von Greve-Dierfeld, dpa
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