Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat über Rückzahlungsaufforderungen von Corona-Soforthilfen durch das Land verhandelt. Es handelte sich dabei um Musterfälle, die laut Gericht beispielhaft für Hunderte andere Verfahren geführt werden. Diese ruhen derzeit. Aktuell sind laut L-Bank noch rund 1.400 Klagen von Unternehmern anhängig.
Entscheidungen in den Verfahren am VGH werden frühestens nach Verhandlungen zu zwei weiteren Musterfällen am Dienstag erwartet. Bei den sechs Musterfällen geht es bereits in die zweite Instanz - nachdem zuvor entweder die L-Bank oder ein Unternehmer in Berufung gegangen ist.
L-Bank verweist auf mögliche bessere wirtschaftliche Entwicklung
Die L-Bank argumentiert grundsätzlich, die Soforthilfen seien auf der Grundlage von Prognosen gewährt worden. Im Nachhinein habe überprüft werden müssen, ob die Vorhersagen auch tatsächlich so eingetreten seien. Sei etwa die wirtschaftliche Entwicklung letztlich besser verlaufen als zunächst angenommen, müsse die Unterstützung teilweise oder ganz zurückgezahlt werden.
Die Unternehmer verweisen dagegen unter anderem darauf, dass die Soforthilfe als Zuschuss deklariert worden sei und nicht als Darlehen. Ein Grund für die Gewährung der Soforthilfe seien Umsatzeinbrüche gewesen. Diese habe es nachweislich gegeben.
«Umsatzeinbruch haben wir zu 100 Prozent erfüllt»
«Allein den Umsatzeinbruch haben wir zu 100 Prozent erfüllt», sagte Holger Schier, Friseur aus Heidenheim an der Brenz, vor Gericht. Der Fall des 56-Jährigen ist eines der Musterverfahren. Monatlich macht der Salon mit seinen 16 Mitarbeitern laut Schier 45.000 Euro Umsatz. Damals habe er keinerlei Umsatz gehabt. Die Corona-Soforthilfe von 15.000 Euro sei innerhalb von zwei Wochen aufgebraucht gewesen.
Existenzbedrohlich sei die Situation für den Betrieb allerdings nicht gewesen, sagte Schier. In dem Fall hätten sie Mitarbeiter entlassen müssen.
Erster Lockdown im Jahr 2020 dauerte sieben Wochen
Schier erhielt die Unterstützung während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020. Mit Beschlüssen am 16. und 22. März 2020 verhängten Bund und Länder während der Corona-Krise einen ersten Lockdown, um Ansteckungen entscheidend zu unterbinden. Es dauerte bis Anfang Mai 2020, bis die Vorgaben wieder gelockert wurden. So durften alle Geschäfte öffnen, aber mit Maskenpflicht und Kunden-Limits.
Im Jahr 2021 verlangte die L-Bank von allen betroffenen Unternehmern eine Abrechnung, «ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich ein Rückzahlungsbedarf für Ihre Soforthilfe ergibt», wie der Verwaltungsgerichtshof schreibt. Schier erhielt im Anschluss eine Rückforderung über 10.424 Euro vom Land. Er klagte dagegen und gewann vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart. Dagegen ging die L-Bank in Berufung.
L-Bank forderte in rund 117.000 Fällen Geld zurück
Das Land Baden-Württemberg zahlte nach Angaben der L-Bank während der Pandemie rund 245.000 Corona-Soforthilfen in Höhe von insgesamt rund 2,3 Milliarden Euro an Unternehmer und Selbstständige aus. Die L-Bank forderte letztlich nach eigenen Angaben in rund 117.000 Fällen insgesamt rund 862 Millionen Euro zurück.
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