Land macht strengere Handyregeln an Schulen möglich
Handys gehören auch für jüngere Schüler inzwischen zum Alltag. Grün-Schwarz befürchtet soziale Folgen und macht deswegen strenge Regeln möglich. Einheitliche Vorgaben gibt es aber keine.
Handys gehören auch für jüngere Schüler inzwischen zum Alltag. Grün-Schwarz befürchtet soziale Folgen und macht deswegen strenge Regeln möglich. Einheitliche Vorgaben gibt es aber keine.
In der Pause auf dem Smartphone durch Tiktok wischen oder im Unterricht auf der Smartwatch die neuesten Nachrichten lesen - an den Schulen im Südwesten ist das schon länger ein Thema. Nun will die Landesregierung den Vormarsch der digitalen Geräte an den Schulen stoppen, zumindest was die private Nutzung angeht. Künftig sollen sich alle Schulen im Südwesten Regeln für den Umgang mit den Geräten geben müssen. Eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes hat das grün-schwarze Kabinett auf den Weg gebracht.
Die Regeln
Bislang können sich die Schulen über ihre Hausordnung eigene Regeln geben, waren dazu aber nicht verpflichtet. Das soll sich künftig ändern. Mit einem neuen Absatz im Schulgesetz sorgt das Land dafür, dass jede Schule künftig verbindlich regeln muss, wie, wann und ob mobile Endgeräte auf dem Schulgelände genutzt werden dürfen.
Die genaue Ausgestaltung sollen die Schulen selbst regeln, die Politik gibt aber Empfehlungen. So sollen Handreichungen und Formulierungsvorschläge bereitgestellt werden. Und auch die Richtung gibt die Politik zumindest verbal vor: «In der Grundschule braucht es andere Regelungen wie im weiterführenden Bereich oder in beruflichen Schulen», sagte Sandra Boser (Grüne), Staatssekretärin im Kultusministerium. Man werde den Schulen vorschlagen, in der Grundschule engere Grenzen zu ziehen.
Die Regeln sollen sich aber nur auf die private Nutzung von Smartphones und Co. beziehen, etwa in Pausen oder in der Hausaufgabenbetreuung. Die Nutzung eigener Geräte im Unterricht unter Anleitung von Lehrkräften im Unterricht soll weiterhin möglich sein.
Die gesetzliche Regelung soll bis Jahresende vom Landtag beschlossen und dann von den Schulen vor Ort umgesetzt werden. Das Land behält sich aber auch striktere Vorgaben vor. Bemerke man nach einem Jahr, dass man damit nicht das gewünschte Ziel erreiche, dass in der Grundschule nicht auf dem Handy gedaddelt werde, könne man nachschärfen, sagte Boser.
Die Begründung
Die Landesregierung argumentiert, dass sie den Schulen mit der gesetzlichen Regelung nun Rechtssicherheit für strikte Regeln gibt. Bisher hätten davon einige Schulen wegen der unsicheren Rechtsgrundlage abgesehen, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Weil es sich bei Regeln zur privaten Handynutzung um Eingriffe ins Eigentum sei, brauche es eine gesetzliche Regelung, so Kretschmann.
Inhaltlich begründet die Landesregierung ihr Vorhaben mit negativen Folgen, die Smartphones und Co. für die Kinder haben können. Seit seiner eigenen Zeit als Lehrer habe sich da viel verändert, sagte Kretschmann. «Heute klingelt während des Unterrichts die Uhr eines Grundschülers und die Eltern melden sich mit der Frage, wie es dem Kind geht.» Da gehe es nicht nur um die Störung des Unterrichts. «Anstatt in den Pausen miteinander zu spielen oder zu reden, schauen viele nur in ihre Geräte», so der Ministerpräsident. Das führe zu Vereinsamung, fürchtet Staatssekretärin Boser. Auch Cybermobbing sei keine Seltenheit.
Die Reaktionen
Grundsätzlichen Gegenwind bekommt Grün-Schwarz für seine Pläne bislang wenig. Dem Landeselternbeirat geht die geplante gesetzliche Regelung eher nicht weit genug. Er könne nicht erkennen, dass es so unterschiedliche Gegebenheiten im Land gebe, dass man keine klaren Vorgaben machen könne, sagte dessen Vorsitzender Sebastian Kölsch.
«Wenn die Nutzung der Geräte aus sozialen Gründen unterbunden werden soll, dann gilt das auf dem Land wie in der Stadt.» Für viele Schulen ändere sich ohnehin nichts. «Mir ist keine weiterführende Schule bekannt, die keine Regeln hat», sagte Kölsch. Dass die Schulen, die noch keine Regeln hätten, diese nun selbst ausarbeiten und auch durch ihre Schulgremien bringen müssten, sei sehr mühselig.
Mehrere Lehrerverbände sehen noch Fragezeichen bei der Haftung. Es müsse geklärt werden, wer hafte, wenn das abgegebene Handy beispielsweise herunterfalle, sagte der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Gerhard Brand. Ministerpräsident Kretschmann wies das mit Verweis auf unnötige Bürokratie scharf zurück. Er sprach von «weit hergeholten Einzelfällen», für die es keine gesetzliche Regelung brauche. Das helfe den Lehrkräften an den Schulen nicht weiter, monierte der Chef des Berufsschullehrerverbands, Thomas Speck. «Sie sehen sich in der Praxis häufig Zahlungsaufforderungen für beschädigte Hardware ausgesetzt und fühlen sich damit alleingelassen.»
© dpa-infocom, dpa:250603-930-622183/2
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten