Der Haferriegel schmeckt süß, ist weich, mit Stücken von Kakaobohnen. Er enthält laut dem Hersteller Wacker getrocknete Datteln, Vollkorn-Haferflocken und Haselnussmus. Auf der Verpackung steht «Monnemer Quadrat Bio». «Die Mannheimer Innenstadt ist ja in Quadraten angeordnet», sagt Matteo Wacker, Gründer der Wacker GmbH in Mannheim. «Wir fanden die Idee einfach cool, zu sagen, es gibt ein Mannheimer Quadrat - also dieses Quadrat in der Innenstadt - zum Snacken.»
Die Verpackung des quadratischen Haferriegels erinnert allerdings an die der quadratischen Ritter-Sport-Tafel - obwohl sie kleiner als die klassische 100-Gramm-Version ist und die Seitenlaschen länger. Vor einem Jahr brachte das Familienunternehmen Wacker mit seinen rund 30 Mitarbeitern das Produkt auf den Markt. Im Januar erhielten sie Post vom Schokoladenhersteller Ritter Sport aus Waldenbuch, wie Wacker erzählt.
Ritter Sport sieht dreidimensionale Marke bedroht
Ritter Sport sieht nach eigenen Angaben seine dreidimensionale Marke bedroht. Eine Klage auf Unterlassung folgte. Am kommenden Dienstag (18.11.) wird der Fall vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt.
Laut Gericht verlangt Ritter Sport unter anderem, dass Wacker sein Produkt mit der aktuell verwendeten quadratischen Verpackung nicht mehr verkauft sowie den Rückruf der bereits verkauften Produkte.
«So eine Klage ist natürlich extrem belastend», sagt Wacker. 2017 hat der Wirtschaftsinformatiker mit seiner Frau Melanie das Unternehmen mit der Marke «bleib wacker» gegründet. Die Idee sei gewesen, möglichst unverarbeitete Lebensmittel herzustellen, erzählt der 33-Jährige im Kapuzenpullover mit Firmenlogo. Mittlerweile habe das Unternehmen mehr als 120 Produkte im Angebot - von Fertigsuppen bis Fruchtriegel.
«Wir stehen für all das, was wir tun»
«Wir stehen für all das, was wir tun», sagt Wacker. Vor allem: «Wir haben schon ein gewisses Gerechtigkeitsbewusstsein, meine Frau und ich. Und wenn jemand einfach was Unrechtes von uns fordert, dann müssen wir uns dagegen wehren.» Immerhin verkauften sie einen Haferriegel und keine Schokolade.
Das «Monnemer Quadrat Bio» wird südlich von Ulm hergestellt, in Mannheim abgepackt und von dort ausgeliefert. Am Anfang verkaufte das Unternehmen nach eigenen Angaben 12.000 der Haferriegel in rund zwei Monaten - vor allem online. Mittlerweile haben Wackers die Produktion wegen des Rechtsstreits zurückgefahren.
Prozesskosten allein könnten bei um die 80.000 Euro liegen
«Das Risiko ist natürlich immens für uns», sagt Wacker zu der Klage. «Allein die Prozesskosten wären, wenn es bis zur dritten Instanz ginge, bei um die 80.000 Euro.» Viel höher könnten demnach mögliche Schadensersatzforderungen sein, zudem die Kosten für Rückruf und Vernichtung. Zum Umsatz der GmbH macht Wacker keine Angaben. Das Unternehmen sei profitabel, sagt er.
Der Haferriegel verletzt nach Angaben von Ritter Sport die seit 1996 für das Unternehmen markenrechtlich geschützte quadratische Verpackungsform. «Diese dreidimensionale Verpackungsform ist eine der bekanntesten Marken Deutschlands und zentrales Wiedererkennungsmerkmal von Ritter Sport», sagt eine Sprecherin.
Sie betont allerdings: «Wir streben eine sachliche Lösung an, die unserem Formmarkenschutz Rechnung trägt.» Dies wäre beispielsweise durch ein ‚In-die-Länge-Ziehen‘ der Verpackung des Mannheimer Produkts möglich.
Ritter Sport gewann in der Vergangenheit gegen Milka
Wackers sagen allerdings, sie hätten Ritter Sport angeboten, die Seitenlaschen zu drehen oder das Produkt etwas rechteckiger zu machen. Doch dann sei plötzlich die Klage gekommen.
Ritter Sport hatte auch schon in der Vergangenheit seinen Markenschutz gerichtlich verteidigt. Mit dem Hauptkonkurrenten Milka stritt sich das Unternehmen aus dem schwäbischen Waldenbuch bis in die höchste Instanz - und siegte im Jahr 2020 vor dem Bundesgerichtshof.
Unternehmen befürchtet Markenkollision
Für die Alfred Ritter GmbH & Co. KG ist beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Art Blanko-Verpackung registriert: neutral ohne Aufdruck, aber mit den typischen Seitenlaschen und der Längsnaht zum Knicken auf der Rückseite, wie das DPMA bestätigt. Später ließ Ritter neben der klassischen 100-Gramm-Tafel auch noch die «Minis» eintragen.
Obwohl es sich bei dem Produkt aus Mannheim um einen Haferriegel handelt, befürchtet Ritter Sport eine Markenkollision. Bei Schokolade und Müsliriegeln handele es sich um ähnliche Waren, die von der gleichen Zielgruppe zum selben Anlass gegessen würden, sagt die Sprecherin. Problematisch sei neben der Verpackung auch die Verwendung des Wortes «Quadrat» im Produktnamen.
Nicht einzige quadratische Schokolade auf dem Markt
Wackers Anwältin Tamara Moll hält dagegen. «Unsere Mandantin vertreibt Haferriegel ohne künstliche Zusätze, die sich an ernährungsbewusste Verbraucher richten und sich damit grundlegend von klassischen Tafelschokoladen unterscheiden», schreibt Moll. «Es handelt sich nicht nur um verschiedene Warenarten, sondern auch um unterschiedliche Zielgruppen und Konsumanlässe.» Es bestehe daher keine Verwechslungsgefahr der Produkte.
Ritter Sport ist nicht die einzige Schokolade in quadratischer Verpackung auf dem Markt: Der Schokoladen-Hersteller Hosta hat seit Langem eine Kokosschokolade namens Romy auf dem Markt - quadratisch in der großen 200-Gramm-Variante, länglich im 100-Gramm-Standardformat. Bei dieser Marke verweist Ritter Sport auf Bestandsschutz: Romy sei schon auf dem Markt gewesen, als die quadratische Verpackungsform von Ritter als Marke geschützt wurde.
Von Stefanie Järkel, dpa
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