Gemeinsam mit seinem Sohn Ronan hat Day-Lewis das Drehbuch zu «Anemone» geschrieben. Irgendwann entschied sich der Hollywoodstar, einen der Charaktere selbst spielen zu wollen. Vielleicht auch, weil seine Rolle in dem von Brad Pitt produzierten Film sinnbildlich zu seiner Rückkehr passt.
Worum es in «Anemone» geht
Denn in «Anemone» verkörpert der Schauspieler einen Mann, der in einer Holzhütte im nebelverhangenen Wald in Nordengland abgeschieden von seiner Familie lebt. Er wird von seinem Bruder («Game of Thrones»-Star Sean Bean) aufgesucht, der ihn wegen einer familiären Krise dazu bringen will, nach 20 Jahren zurückzukehren.
Vielmehr als mit dem Thema Rückkehr setzt sich der Film allerdings mit Familiendynamiken, verdrängten Traumata sowie Schuld und Scham auseinander.
Langsames Erzähltempo, dröhnender Soundtrack
Bruder Jem (Bean) macht sich zu Beginn des Films auf den Weg zu Ray (Day-Lewis), einem ehemaligen Soldaten. Schnell wird klar, wie distanziert das Verhältnis der beiden zueinander ist. Die Begrüßung fällt gefühlskalt aus.
Während sich Jem um Rays Frau und dessen Sohn Brian kümmert, hat sich der wortkarge Ray nach einem mysteriösen Trauma in das selbstgewählte Exil zurückgezogen. «Anemone» setzt auf ein sehr langsames Erzähltempo mit stimmungsvoller und dröhnender Musik, um die Psyche der Brüder zu erkunden.
Die Dialoge - und das bedrückende Schweigen - der beiden nehmen viel Platz ein, was den Film teilweise wie ein Kammerspiel in der spartanisch eingerichteten Waldhütte wirken lässt. Zwischendurch streut Regisseur Ronan Day-Lewis surreale, traumartige Bilder ein, die wohl für Tiefe sorgen sollen, aber überladen wirken.
Day-Lewis glänzt mit Monologen
Besonders eindrücklich geraten zwei Monologe von Ray, etwa wie er über Missbrauch in der Kindheit und seiner dezidierten, verstörenden Rache an einem Priester spricht. Getragen wird «Anemone» letztlich vor allem von den nuancierten Darstellungen von Day-Lewis und seinem Spielpartner Bean.
Abgesehen von diesen Momenten wirkt der Film insgesamt mit zahlreichen symbolisch aufgeladenen Bildern, deren Sinn sich nicht erschließt, doch sehr konstruiert. Der Kinobesuch zieht sich daher stellenweise schleppend dahin. Doch immerhin hat Hollywood Daniel Day-Lewis zurück.
Von Sabrina Szameitat,dpa
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