Heldin Momo - ein Mädchen, von dem niemand weiß, wo es eigentlich herkommt - ist dafür bekannt, den Menschen liebevoll zuzuhören. Und weil die Erwachsenen plötzlich keine Zeit mehr haben, nicht mal ihr Freund Gino (Araloyin Oshunremi), beginnt sie, es mit den Zeitdieben aufzunehmen, gemeinsam mit Schildkröte Kassiopeia und dem Wächter der Zeit, Meister Hora.
Die Weisheit von Straßenkehrer Beppo
Mit dabei ist auch Straßenkehrer Beppo, dessen schlaue Sätze bis heute funktionieren. Etwa, wenn man ein großes Projekt vor sich hat und nicht weiß, wie man es schaffen soll. Man dürfe dann nicht an die ganze Straße denken, die man zu fegen habe, sagt Beppo im Buch, das erstmals 1973 erschien.
Sonst fange man an, sich zu beeilen und sehe jedes Mal, wenn man aufblicke, dass es gar nicht weniger werde. Dann bekomme man es mit der Angst zu tun. «Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich.» Und auf einmal merke man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße geschafft habe.
Regisseur Christian Ditter («How to be single», «Vorstadtkrokodile») holt die Geschichte in die moderne Zeit. Es geht um die Macht von Influencern und Social Media, um technische Gadgets und die Gefahr der Manipulation. Gedreht wurde in Kroatien und Slowenien, die Band Tokio Hotel und Sängerin Malou Lovis steuern das Lied «One More Day» bei.
Gegen den Optimierungswahn
Der Film ist ein schönes Leinwandmärchen für Jung und Alt. Man kann ihn auch verstehen als Statement gegen den Optimierungswahn. Fitnesstracker, Terminkalender, Apps. Wenn man sich daran abarbeitet, verpasst man dann nicht das Leben? Was ist Leben, wenn nicht Zeitverschwendung? Das Einräumen von Stunden, Tagen, Wochen für etwas, das einem wichtig ist?
Die moderne Disziplin des Zeitmanagements sei eine «deprimierend kleingeistige Angelegenheit, die sich darauf konzentriert, so viele Aufgaben wie möglich zu bewältigen», schreibt Autor Oliver Burkeman in seinem Buch «4.000 Wochen». Dabei strotze die Welt vor Wundern. Vielleicht gehe es doch besser darum, mehr von diesen Wundern zu erleben. Auch die Neuverfilmung von «Momo» stellt solche Fragen. Ab nächsten Donnerstag (2. Oktober) im Kino.
Von Julia Kilian, dpa
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