Ganz nah bei John, Paul, George und Ringo
Tausende Stunden von Aufnahmen liegen in den Beatles-Archiven. Die Auswahl der Tracks traf Giles Martin nicht allein. «Es gibt zwei Jungs im Team, die totale Beatles-Nerds sind und wirklich alles über die Beatles wissen», erzählt er.
«Sie schlagen Dinge vor, von denen sie seit Jahren sagen, die sollten mal veröffentlicht werden. Ich höre mir dann alles an. Mein Urteil basiert ausschließlich darauf, ob es Spaß macht, das zu hören, ob ich es mehr als einmal hören möchte und ob es einen richtig guten Einblick in die Welt der Beatles gibt.»
Das war schon vor 30 Jahren die Idee von «The Beatles Anthology» - den Fans einen Blick hinter die Kulissen zu geben und im Geiste dabei zu sein, als Musikgeschichte geschrieben wurde. Auf den Aufnahmen sind nämlich nicht nur die Lieder zu hören, sondern auch Studiogespräche und Frotzeleien von Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr.
«Das ist der Moment, in dem ich mir denke: "Oh, das ist schön!" Wenn ich höre, wie sie miteinander reden und spielen. Ich schneide das nicht zusammen. George bestellt sein Mittagessen und spielt dann noch einen Take – so etwas. Es ist einfach schön, bei ihnen zu sein.»
Beatles und ihre Familien waren direkt beteiligt
Die neue Anthologie entstand in enger Absprache mit den noch lebenden Beatles Paul und Ringo, sowie mit George Harrisons Witwe Olivia, seinem Sohn Dhani, George Lennons Witwe Yoko Ono und Sohn Sean Lennon. «Es gibt keine Marketing-Teams oder Ähnliches, die da mitreden», betont Martin.
Die ersten drei Anthologie-Zusammenstellungen, die 1995 und 1996 erschienen waren, hat er neu abgemischt. «Es war die CD-Ära, in der vieles ziemlich hell und digital klang», erklärt er. «Das Überspielen von Band auf Digital war nicht unbedingt so gut, wie es hätte sein können. Also bin ich zurück zu den Originalbändern, habe manches noch einmal gemischt.»
Martin ist es wichtig zu betonen, dass «The Beatles Anthology» nicht für bestimmte Technik - etwa moderne Kopfhörer - produziert wurde. «Wenn man sich zu sehr an einer bestimmten Technologie orientiert, läuft man Gefahr, dass sie nicht so lange existiert wie die Musik selbst.»
Mitunter auch Kritik von Fans im Vorfeld
Wie immer bei solchen Veröffentlichungen, gab es im Vorfeld nicht nur begeisterte Reaktionen, sondern auch Kritik einiger Fans, die sich noch weitere Tracks und obskure Raritäten aus dem Beatles-Archiv gewünscht hätten. «Es ist toll, so leidenschaftliche Fans zu haben», sagt Martin. «Aber ich mache keine Platten zum Sammeln, sondern zum Hören und Genießen. Das ist ein wichtiger Unterschied.»