Heute präsentiert sich die Britin als gereifte Künstlerin - und offenbart die emotionalen und gesellschaftlichen Unterschiede zum Jahr 1988. Aber die poetische Düsternis und die Tiefe, die ihre Songs auch wegen ihrer einzigartigen Stimme umgeben, sind geblieben. Ebenso wie viele Fragen zum Zustand der Welt.
Aktuelle politische Stimmung ist zentrales Thema des Albums
Ein zentrales Thema von «LIAR» sei das Gefühl, dass gerade alles auseinanderfällt, schildert Tikaram im Interview der dpa. «Was tut man dann? Woran glaubt man noch? Wie bewahrt man seinen Glauben?» Es gebe derzeit eine große Kluft zwischen dem, was Politiker täten, und dem, was die Menschen sich eigentlich wünschten. Diese Spannung zieht sich wie ein Subtext durch das Album.
«Nach dem Brexit und der ersten Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten hatte man plötzlich das Gefühl: Wir teilen keine gemeinsamen Werte mehr. Das war ein Schock. Viele haben da zum ersten Mal begriffen, wie zerbrechlich das ist, worauf unsere Gesellschaft basiert», sagt die Singer-Songwriterin.
Abschied vom jungen Mädchen
Aber es ist auch Hoffnung zu spüren - etwa in «I See A Morning». Hoffnung lebe vom gemeinsamen Handeln – von Gemeinschaften und Menschen, die sich zusammentun, um Widerstand zu leisten und für eine gerechtere Welt zu kämpfen, wie Tikaram auf Instagram schrieb. Davon handele der Song. «Ich glaube, wir müssen unsere gemeinsame Menschlichkeit und unsere gemeinsamen Werte wiederfinden. Das ist etwas, das mich nicht loslässt», sagte sie der dpa.
Aber Tanita Tikaram verarbeitet auch ganz persönliche Gedanken und Gefühle. So im Song «Sailboats», in dem sie das Älterwerden beschreibt – offen, zärtlich, wehmütig. Das Lied sei eine Art Abschied von dem jungen Mädchen, das sie einmal war – und zugleich eine Hommage an das, was kommt. «Man wird nie wieder diese andere Frau sein. Dieses Mädchen ist weg, und man trauert um sie.» Es gehe aber letztlich ums Loslassen - und darum, aus dem Verlust Stärke und Weisheit zu ziehen.
Mit Cello, Violine und Akkordeon
Die zehn Songs mit ihren orchestralen Arrangements lassen sich musikalisch als eine Art Kammerpop (Chamber Pop) einordnen. Die vorherrschenden Instrumente sind Cello, Geige und Akkordeon, die den Werken eine fast schon erzählerische Tiefe verleihen. «Statt eines Gitarren-Solos gibt es bei mir lieber ein Cello-Solo. Dieses Instrument ist so sinnlich und kraftvoll», schwärmt Tikaram.