Im Sudan rückt die paramilitärische Gruppe RSF in die letzte von der Regierung kontrollierte Großstadt im Südwesten des Landes vor. Die Miliz teilte am Sonntagmorgen mit, sie kontrolliere nun die Stadt El Fascher, nachdem sie zuvor das dortige Hauptquartier der Armee eingenommen habe.
Die Armee äußerte sich zunächst nicht. Medienberichten zufolge gibt es weiter Kämpfe in der Hauptstadt des Bundesstaats Nord Darfur, die seit anderthalb Jahren belagert ist. Keine der Angaben ließ sich zunächst unabhängig bestätigen.
Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Serap Güler (CDU), forderte bei einem Besuch bei der sudanesischen Regierung in der Hafenstadt Port Sudan am Sonntag die Miliz dazu auf, Zivilisten zu schützen und das humanitäre Völkerrecht zu achten.
Situation in der umkämpften Stadt unübersichtlich
Noch am Samstagmorgen hatte die Armee nach eigenen Angaben zwei schwere Angriffe auf El Fascher abgewehrt. Dabei seien zahlreiche Kämpfer der Miliz getötet und verletzt worden, teilte die in El Fascher stationierte sechste Infanteriedivision mit.
El Fascher ist die letzte Stadt unter Regierungskontrolle in der Region Darfur, die in dem seit zweieinhalb Jahren andauernden Konflikt fast vollständig von der Miliz eingenommen worden ist. In der Stadt leben nach UN-Schätzungen noch bis zu 300.000 Menschen unter Bedingungen, die von Helfern als humanitäre Katastrophe bezeichnet werden.
Eine Mitarbeiterin einer internationalen Hilfsorganisation sagte der Deutschen Presse-Agentur, man habe Videos von aus der Stadt fliehenden Zivilisten erhalten. Jedoch habe man alle Verbindungen zu den Kontakten in der Stadt verloren. Eine UN-Mitarbeiterin sagte der dpa, die Einnahme der Stadt sei wegen Kommunikationsproblemen noch nicht bestätigt, aber ziemlich sicher.
Tötungen, Folter und Vergewaltigungen befürchtet
Gelingt der Paramiliz die Einnahme der Stadt, werden schwere Gewalttaten, Tötungen, Folter und Vergewaltigungen sowie ethnische Säuberungen wie in den zuvor eingenommenen Teilen Darfurs befürchtet.
Im Sudan herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Die Miliz ist aus arabischen Reitermilizen hervorgegangen, denen – damals gemeinsam mit der sudanesischen Armee - vor gut 20 Jahren ein Genozid an nichtarabischen Bevölkerungsgruppen in Darfur mit bis zu 300.000 Toten vorgeworfen wird.
Während die Armee zwischenzeitlich die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF ihre Kontrolle über die Region Darfur an der Grenze zum Tschad verfestigt. Beobachter fürchten eine dauerhafte Spaltung des Landes.
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