Die westlichen Unterstützer der Ukraine sind in Paris zu Beratungen über militärische Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land zusammengekommen. Unter dem Vorsitz von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und des britischen Premiers Keir Starmer erörtern 35 Staats- und Regierungschefs teils vor Ort und per Video zugeschaltet, wie die Sicherheit der Ukraine nach einem Kriegsende gewährleistet werden kann. Außerdem geht es um politische und militärische Zusagen für den Fall einer erneuten russischen Aggression.
Vor Ort mit dabei sind auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie der US-Sondergesandte Steve Witkoff. Macron will die Pläne der sogenannten Koalition der Willigen vorantreiben und vor allem den USA demonstrieren, Verantwortung zu übernehmen. Im Anschluss an die Pariser Beratungen sollte US-Präsident Donald Trump telefonisch informiert werden.
Macron: Konzept für Sicherheitsgarantien steht
Bereits am Vorabend des Pariser Treffens verkündete Macron, die Unterstützerländer hätten ihre Vorbereitungen für Sicherheitsgarantien abgeschlossen. Dank der Vorarbeit der Armeechefs seit dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus seien die Europäer nun bereit, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben, sobald ein Friedensabkommen unterzeichnet sei. Das von den Armeechefs der Koalition ausgearbeitete Konzept müsse nun politisch gebilligt werden.
Um was es dabei genau geht und inwiefern die Zusagen über eine verstärkte militärische Hilfe tatsächlich hinausgehen, hat die Koalition bislang nicht konkret öffentlich gemacht. Bislang war vor allem die Rede davon, dass insbesondere die Verteidigungsfähigkeit der ukrainischen Armee gestärkt werden soll, aber auch die mögliche Entsendung von Truppen in die Ukraine oder dicht an ihre Grenzen wurde ausdrücklich genannt. Eine Truppenpräsenz europäischer Nato-Staaten in der Ukraine könnte nach Angaben aus Militärkreisen vor allem ein großangelegter Ausbildungseinsatz sein. Demnach geht es nicht um eine Friedenstruppe im klassischen Sinn.
Zusagen aus Washington lassen auf sich warten
Die Hauptlast eines Einsatzes würden die europäischen Nato-Mitglieder tragen. Dabei hatten die Europäer immer wieder deutlich gemacht, dass es nicht ohne eine Rückversicherung durch die USA gehen wird. Nach dem jüngsten Besuch Selenskyjs in Washington, der die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten europäischen Verbündeten im Schlepptau hatte, sah es so aus, als ließe sich US-Präsident Donald Trump dazu bewegen. Doch konkrete Zusagen aus Washington ließen auf sich warten. In das Pariser Treffen sind die USA nun zumindest aktiv eingebunden.
Was das Entsenden von Truppen angeht, haben die meisten Mitglieder der Koalition bislang eine abwartende Haltung eingenommen. Frankreich und Großbritannien erklärten sich zum Entsenden einiger Tausend Soldaten bereit. Eine Zusage gab es außerdem bereits aus Dänemark, Estland und Litauen. Schweden zeigte sich bereit, den Frieden in der Ukraine durch Luftraumüberwachung und vom Meer aus zu sichern. Die Niederlande erklärten, sie könnten sowohl in der Luft als auch zu Wasser und zu Lande Hilfe zu leisten.
Keine Pläne für Militäreinsatz in Deutschland
Für Deutschland hat zunächst die Ausrüstung der ukrainischen Streitkräfte Priorität, damit das Land sich selbst verteidigen kann. Über alles andere will die Regierung erst nach einem Waffenstillstand entscheiden. Sie lehnt eine öffentliche Diskussion darüber zum jetzigen Zeitpunkt ab. Kanzler Friedrich Merz hat diese Woche klargestellt, dass es noch keine Pläne der Bundesregierung für eine mögliche Beteiligung an einem Militäreinsatz gibt. An dem Pariser Treffen nahm der Kanzler nur per Videoschalte teil.
Tschechien hält die Diskussion über einen Einsatz von Soldaten für verfrüht, Litauen äußerte sich zurückhaltend. Spanien und Portugal deuteten vor Monaten an, dass sie sich eventuell an einer Friedensmission beteiligen könnten.
Dem Verlegen von Soldaten in Richtung Ukraine eine Absage erteilten bereits Griechenland, die Slowakei, Italien, Zypern, Polen, Österreich, Rumänien, Slowenien, Kroatien und Ungarn. Viele dieser Länder zeigten sich aber bereit, die Absicherung eines künftigen Friedens in der Ukraine auf anderem Wege, etwa mit logistischer Hilfe oder der Ausbildung ukrainischer Soldaten, zu unterstützen.
Putin bleibt bei alten Forderungen
Ob es überhaupt zu einer Friedenslösung kommt, bleibt aber weiter offen. So forderte Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz in China Selenskyj am Mittwoch auf, nach Moskau zu kommen, wenn er mit ihm reden wolle. Russland sei bereit, weiter Krieg zu führen, sollte es nicht zu einer Einigung kommen, die Moskau genehm sei, sagte er.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte, Russland lehne die westlichen Überlegungen für Sicherheitsgarantien einschließlich der Entsendung von Truppen aus Nato-Staaten in die Ukraine ab. «Russland wird nicht über eine zutiefst unannehmbare und jede Sicherheit untergrabende ausländische Intervention in der Ukraine diskutieren», sagte sie.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte verteidigte die laufenden Planungen für europäische Truppen in der Ukraine nach einem möglichen Waffenstillstand mit Russland. Der Niederländer machte deutlich, dass es aus seiner Sicht keine Rolle spielt, dass Moskau eine solche Truppenpräsenz ablehnt. «Warum sollten wir uns dafür interessieren, was Russland über Truppen in der Ukraine denkt?», fragte er rhetorisch bei einer Veranstaltung in Prag. Die Ukraine sei ein souveränes Land. Und es sei nicht an Russland, über eine Truppenpräsenz zu entscheiden.
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