Erstmals beschädigte ein russischer Angriff laut Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko das Hauptregierungsgebäude.
Uncredited/Ukrainian Emergency Service/AP/dpa
Erstmals beschädigte ein russischer Angriff laut Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko das Hauptregierungsgebäude.
Ukraine-Krieg

Russland greift Ukraine mit Rekordzahl an Drohnen an

Bei einem massiven Angriff setzt Russland erstmals mehr als 800 Drohnen ein. Es gibt Tote, Verletzte und Zerstörungen – erstmals ist das Regierungsgebäude betroffen. Doch es gibt auch Gegenangriffe.

Russland setzt trotz Vermittlungsbemühungen von US-Präsident Donald Trump seine Angriffe auf die Ukraine unerbittlich fort. Laut der Luftwaffe in Kiew wurden von Moskau in der Nacht zum Sonntag mehr als 800 Kampfdrohnen eingesetzt - ein neuer Rekord. Zudem wurden Marschflugkörper und Raketen auf ukrainische Ziele abgefeuert. Erstmals traf ein Angriff auch das Hauptregierungsgebäude in der ukrainischen Hauptstadt. Vier Menschen wurden getötet und Dutzende verletzt.

«Zum ersten Mal wurde durch einen feindlichen Angriff das Regierungsgebäude, das Dach und die oberen Stockwerke beschädigt», schrieb Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko bei Telegram und veröffentlichte Fotos dazu auf denen zu sehen ist, wie Flammen aus drei Fenstern des Gebäudes schlagen. Verletzt wurde dabei ihr zufolge niemand. Der «russische Terror» werde die Arbeit der Regierung nicht aufhalten, kündigte sie an.

Gebäude würden wieder aufgebaut, schrieb sie weiter. Verlorene Leben könnten aber nicht zurückgeholt werden. Die Welt müsse auf die Zerstörungen reagieren, der Sanktionsdruck müsse erhöht werden - vor allem gegen russisches Öl und Gas, forderte sie.

EU-Spitzen reagieren

EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas und der französische Präsident Emmanuel Macron bekundeten dem kriegsgeplagten Land ihr Beileid. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb in einer Stellungnahme: «Der Kreml verhöhnt erneut die Diplomatie, tritt das Völkerrecht mit Füßen und tötet wahllos.» 

EU-Ratspräsident António Costa kommentierte, Kremlchef Wladimir Putins Version von Frieden sei es offensichtlich, von Frieden zu sprechen, aber gleichzeitig Bombardierungen zu intensivieren und Regierungsgebäude und Wohnhäuser ins Visier zu nehmen. Das Auswärtige Amt schrieb auf X: «Einmal mehr wird klar: Putin will nicht verhandeln, er will weiter blutig Fakten schaffen.» 

Diplomatische Bemühungen treten auf der Stelle

Trotz internationaler Bemühungen bleibt offen, ob es in dem Konflikt in naher Zukunft zu einer Friedenslösung kommen kann. Moskau sieht sich an der Front im Vorteil und bleibt bei Maximalforderungen, die auf eine Kapitulation der Ukraine hinauslaufen. 

Ein international erwartetes Gipfeltreffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und seines ukrainisches Gegenübers Wolodymyr Selenskyj zur Beendigung des Krieges ist nach aktuellem Stand wenig realistisch. Zuletzt bestand Putin auf einer Begegnung in der russischen Hauptstadt Moskau. Selenskyj wiederum lehnte dies ab und schlug im Gegenzug als Gesprächsort die ukrainische Hauptstadt Kiew vor.

Selenskyj drängte am Sonntag erneut auf Konsequenzen für Russland: «Die Welt kann die Kreml-Verbrecher zwingen, das Töten zu beenden - es braucht nur den politischen Willen», schrieb er in sozialen Medien. Er forderte, dass alles umgesetzt werde, was in Paris vereinbart wurde. Dort hatten Unterstützerstaaten der Ukraine der sogenannten Koalition der Willigen über mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine beraten. Selenskyj richtete auch den Blick Richtung USA. In Washington sei mehr als einmal gesagt worden, dass auf die Weigerung zu verhandeln Sanktionen folgen würden. 

Tote und Schäden in mehreren Gebieten

Getötet wurden ihm zufolge bei dem jüngsten Angriff Menschen in Kiew, der Grenzregion Sumy und in Tschernihiw. Über 44 seien zudem verletzt worden. Mehr als 20 Häuser und ein Kindergarten seien bei russischen Angriffen auf Saporischschja beschädigt worden. In seiner Geburtsstadt Krywyj Rih seien Lagerhäuser zerstört und in Odessa ein Hochhaus getroffen worden. 

Besonders stark von dem Angriff war Kiew betroffen. Bei einem Angriff auf ein Wohnhaus seien eine Mutter und ihr drei Monate alter Sohn getötet worden, schrieb der militärische Verwaltungschef der Hauptstadt, Tymur Tkatschenko, bei Telegram. Der Vater sei schwer verletzt worden. An mehr als zehn Orten in Kiew gebe es Schäden. Allein im Stadtteil Swjatoschyn müssten 64 Wohnungen wieder hergestellt werden. Einsatzkräfte arbeiten weiterhin an der Beseitigung der Folgen der Angriffe.

Eisenbahnbrücke über den Dnipro außer Betrieb

Die russischen Angriffe galten auch einer Eisenbahnbrücke über den Fluss Dnipro in der zentralukrainischen Großstadt Krementschuk. Der ukrainischen Eisenbahn zufolge müssen Züge umgeleitet werden. «In den nächsten Tagen, solange die vielschichtige Reparatur dauert, wird es Zugverspätungen in der Region geben», teilte das Staatsunternehmen mit. Zudem sei Schienenersatzverkehr für mehrere Züge in dem Bereich eingerichtet worden. Auch ein nicht näher genanntes Unternehmen wurde laut Behördenangaben in der Stadt angegriffen.

Das russische Militär seinerseits berichtete über Angriffe auf ukrainische Rüstungsbetriebe und die Transportinfrastruktur des Nachbarlandes. Dabei seien insbesondere Produktionsstätten, Reparaturwerkstätten und Lager für Drohnen angegriffen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. «Auf andere Objekte in den Grenzen Kiews wurden keine Schläge ausgeführt», hieß es in der Mitteilung.

Ukraine greift Ziele in Russland an

Die Ukraine nahm nach eigenen Angaben erneut die russische Ölinfrastruktur ins Visier. Laut dem ukrainischen Generalstab griff Kiews Militär ein Objekt in der russischen Grenzregion Brjansk an, das zu einer Pipeline gehört. Die Anlage sei von strategischer Bedeutung für die Versorgung der russischen Armee mit Erdölprodukten. 

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto erklärte, die russischen Öllieferungen über die Druschba-Pipeline in sein Land seien nicht betroffen. «Der nächtliche Angriff auf die russische Energie-Infrastruktur betrifft weder die Erdölpipeline "Druschba" noch die nach Ungarn gehenden Erdöllieferungen», schrieb er auf Facebook. Die Ukraine hatte die Pipeline, die ebenfalls durch die Region Brjansk läuft und über die auch die Slowakei beliefert wird, wiederholt ins Visier genommen.

Brand bei russischer Ölraffinerie

Dem Kiewer Generalstab zufolge griff Kiews Militär außerdem die Ölraffinerie Ilski im südrussischen Gebiet Krasnodar an. Explosionen und Brände seien festgestellt worden, hieß es weiter. In sozialen Medien kursierten nicht überprüfbare Videos von Explosionen, die den Angriff zeigen sollen.

Der Krisenstab des Gebiets Krasnodar schrieb auf Telegram, dass herabfallende Drohnentrümmer auf das Gelände der Raffinerie gefallen seien. Eine technische Anlage sei in Brand geraten und schnell gelöscht worden.

Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion. Als Teil ihres Abwehrkampfes hat sie in den vergangenen Wochen verstärkt Objekte der Treibstoffversorgung in Russland angegriffen, um den Nachschub für Moskaus Militär zu stören.

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