Folgt Trumps Regierung einem «Drehbuch»?
Seit Wochen heizt sich die Stimmung in demokratisch regierten Städten auf, weil Trump damit droht, die Nationalgarde gegen den ausdrücklichen Willen der Kommunen und Bundesstaaten einzusetzen. Kritiker werfen ihm vor, den Einsatz militärischer Gewalt im Innern schrittweise normalisieren zu wollen, um politische Gegner einzuschüchtern. Eine weitere Sorge: Das harte Vorgehen gegen größtenteils friedliche Proteste mit nur vereinzelten Ausschreitungen könnte weitere Unruhen provozieren, anstatt sie einzudämmen.
Gouverneur Pritzker beschuldigte die Trump-Regierung, einem regelrechten «Drehbuch» zu folgen: Sie schüre Angst und lasse weitgehend friedliche Demonstranten als Bedrohung erscheinen. Er warf Trump vor, gezielt eine Eskalation herbeizuführen, um sich dann auf den sogenannten Insurrection Act berufen zu können. Dieses Gesetz aus dem Jahr 1807 erlaubt dem US-Präsidenten im Ausnahmefall, Militär im Inland einzusetzen, um Aufstände niederzuschlagen.
Trump verglich Chicago mit einem «Kriegsgebiet» und deutete an, den «Insurrection Act» vielleicht tatsächlich anwenden zu wollen. Die Bundesbehörden hätten gar keine andere Wahl, als hart durchzugreifen, erklärte er am Montag im Weißen Haus. Man werde sich «Stadt für Stadt» vorknöpfen müssen.
Juristischer Schlagabtausch
Ein Präsident darf nur in Ausnahmefällen die Bundeskontrolle über Soldaten der Nationalgarde übernehmen, die den Bundesstaaten zugeordnet sind - und dann auch nur ganz bestimmte Einsätze anordnen. Mehrere Gerichte befassen sich inzwischen mit Trumps Vorgehen und den Grenzen seiner Macht. Die jüngste Klage strengten der Bundesstaat Illinois und die Stadt Chicago an. Sie argumentieren, es sei rechtswidrig, dass Trump und seine Regierung Nationalgardisten unter Bundeskontrolle stellen, um in der Stadt gegen angeblich ausufernde Kriminalität vorzugehen.
«Zurschaustellung von Tyrannei»
Parallel dazu will Chicago den Handlungsspielraum der Einwanderungsbehörde ICE einschränken. Die Stadt verweist darauf, dass ICE-Beamte besonders in der vergangenen Woche Razzien zur Einschüchterung genutzt und dabei Tränengas versprüht hätten. Menschen seien regelrecht gejagt worden, zum Teil seien auch Kinder zugegen gewesen. Johnson sprach von einer «Zurschaustellung von Tyrannei». Auch bei Protesten gegen die ICE-Razzien seien Einsatzkräfte mit unangebrachter Härte vorgegangen.
Die Trump-Regierung stellt die Lage anders dar und verweist darauf, dass ICE bloß rechtmäßige Arbeit verrichte und das amerikanische Volk vor Kriminellen - angeblich den «Schlimmsten der Schlimmen» - geschützt werden solle.
«Höllenschlund» Portland, «Rattenloch» Washington
Der Fall Chicago reiht sich in eine Serie ähnlicher Auseinandersetzungen ein. Jüngst hatten bereits der Bundesstaat Oregon und die Stadt Portland gegen Trump geklagt, woraufhin ein Gericht den Einsatz von Nationalgardisten aus Oregon vorerst stoppte. Die US-Regierung reagierte, in dem sie Soldaten aus einem anderen Bundesstaat - Kalifornien - nach Portland beorderte. Doch auch diesen Schritt blockierte das Gericht wenig später. Trump bezeichnete die Stadt im Nordwesten der USA am Montag als «brennenden Höllenschlund». Der zuständigen Richterin warf er vor, so zu tun, als gebe es dort kein Problem.
Bereits vor Monaten hatte Trump Soldaten nach Los Angeles geschickt mit dem erklärten Ziel, Proteste gegen ICE-Razzien zurückzudrängen. Schon diesen Einsatz sahen Kritiker als Vorboten einer größer angelegten Selbstermächtigung der Regierung. Vor einigen Wochen veranlasste der US-Präsident dann einen Einsatz der Nationalgarde in der US-Hauptstadt Washington, der er ebenfalls ein ausuferndes Kriminalitätsproblem attestierte - ohne dass Statistiken das in dieser Form belegen würden. Für Washington wählte er damals «Rattenloch» als Beschreibung.
Von Luzia Geier und Anna Ringle, dpa
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