Steinmeier und Merz lehnen Polens Reparationsforderungen ab
Der polnische Präsident Nawrocki bringt beim Antrittsbesuch in Berlin erneut Reparationsforderungen vor. Die Antwort von Bundespräsident Steinmeier und Kanzler Merz fällt negativ aus.
Der polnische Präsident Nawrocki bringt beim Antrittsbesuch in Berlin erneut Reparationsforderungen vor. Die Antwort von Bundespräsident Steinmeier und Kanzler Merz fällt negativ aus.
Polens neuer Präsident Karol Nawrocki ist beim Antrittsbesuch in Berlin mit seiner Forderung nach Reparationen für die Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg abgeblitzt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wies sie - wie früher auch schon - entschieden zurück. Er erklärte, diese Frage sei «aus deutscher Sicht rechtlich abschließend geklärt», wie seine Sprecherin Cerstin Gammelin auf der Plattform X schrieb. Die Förderung des Gedenkens und Erinnerns bleibe aber ein gemeinsames Anliegen.
Auch im anschließenden Gespräch mit Bundeskanzler Friedrich Merz brachte der polnische Präsident die Forderung vor. Der Kanzler habe die deutsche Position bekräftigt, hieß es aus Regierungskreisen.
Nawrocki hält Reparationsfrage für offen
Nawrocki sprach die Reparationsfrage nach dpa-Informationen in dem Gespräch mit Steinmeier offen an. Der «Bild»-Zeitung hatte er unmittelbar vor seinem Eintreffen in Berlin gesagt: «Die Frage der Reparationen ist natürlich nicht rechtlich abgeschlossen.»
Der polnische Präsident zeigte sich in dem Interview «fest davon überzeugt, dass wir mit dem Bundeskanzler und mit Herrn Bundespräsidenten zu einer Einigung kommen werden». Er beharrte auf deutsche Zahlungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro. «Das ist die einzige Zahl, die ihren Bezugspunkt in einer sehr tiefgreifenden, fundierten wissenschaftlichen Forschung hat.»
Die rechtskonservative Partei PiS, der Nawrocki nahesteht, hatte in ihrer Regierungszeit zu dieser Frage eine Parlamentskommission eingesetzt. Diese bezifferte vor drei Jahren in einem Gutachten die Reparationshöhe mit eben diesen 1,3 Billionen Euro.
Merz versichert Polen Beistand gegen russische Bedrohung
Steinmeier begrüßte seinen rechtskonservativen Kollegen mit militärischen Ehren vor dem Schloss Bellevue. Nach dem obligatorischen Eintrag ins Gästebuch führten beide ihr Gespräch miteinander. Anschließend fuhr Nawrocki weiter ins Kanzleramt zum Meinungsaustausch mit Merz.
Merz versicherte Nawrocki die Solidarität Deutschlands beim Schutz vor der Bedrohung aus Russland. Der Kanzler habe in dem Gespräch im Kanzleramt unterstrichen, dass Deutschland «fest und unverbrüchlich» an der Seite Polens stehe, teilte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille mit. Die gemeinsame Sicherung des Ostseeraums und der Nato-Ostflanke habe «hohe Priorität».
Nach den jüngsten Verletzungen des polnischen Luftraums durch russische Drohnen hatte Deutschland die militärische Unterstützung für das Nachbarland verstärkt. Für die Überwachung des Luftraums stehen nun vier statt zwei deutsche Eurofighter-Kampfjets bereit.
Die Reparationsforderungen Nawrockis blieben in der Mitteilung des Vize-Regierungssprechers zu dem Treffen unerwähnt. Dort hieß es aber: «Die Versöhnung mit Polen nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung zu befördern, bleibe für die Bundesregierung historische Verantwortung.»
Freundliches Gespräch trotz der Gegensätze bei Reparationen
Steinmeier und Nawrocki betonten in ihrem Gespräch auch die Bedeutung einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit ihrer Länder. Nawrocki lud den Bundespräsidenten zum Gegenbesuch nach Polen ein. Steinmeier nahm die Einladung an. Trotz der gegensätzlichen Positionen in der Reparationsfrage fand das Gespräch nach dpa-Informationen in einer freundlichen und konstruktiven Atmosphäre statt.
Keine Pressekonferenzen nach den Gesprächen
Nach den Gesprächen im Schloss Bellevue und im Kanzleramt fanden keine Pressekonferenzen statt, was bei einem so wichtigen Partner Deutschlands wie Polen ungewöhnlich ist. Dies hatte schon vor dem Besuch zu kritischen Nachfragen von Hauptstadtjournalisten geführt.
Merz will Neustart der Beziehungen
Merz hatte unmittelbar nach seiner Wahl zum Kanzler im Mai erst Frankreich und dann sofort Polen besucht. Er strebt nach eigenen Worten mit beiden Staaten einen «Neustart» in den beiderseitigen Beziehungen an.
Das Verhältnis zu Polen trübte sich allerdings durch die neue Migrationspolitik der schwarz-roten Koalition mit der Zurückweisung auch von Asylsuchenden erst einmal ein. Polen reagierte darauf mit der Einführung eigener Kontrollen an der Grenze zu Deutschland. Nawrocki warf Deutschland vor, es habe «Polen illegale Migranten zugeschoben». Das Thema Migration spielte dem Vernehmen nach auch bei den Gesprächen jetzt in Berlin eine Rolle.
Von Ulrich Steinkohl, Michael Fischer und Doris Heimann, dpa
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