Sowohl er als auch die französische Regierung erinnerten daran, dass der Digital Services Act vom EU-Parlament und allen Mitgliedstaaten mit großer demokratischer Mehrheit beschlossen worden sei. «Die Völker Europas sind frei und souverän und lassen sich von anderen keine Regeln für ihren digitalen Raum aufzwingen», schrieb Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot auf X. Er verurteilte das Vorgehen der US-Regierung und betonte, das europäische Gesetz finde in den USA gar keine Anwendung.
US-Regierung nimmt Musk-Kritiker ins Visier
Sanktionen verhängte die US-Regierung auch gegen die Gründerin des britischen Global Disinformation Index (GDI), Clare Melford, und gegen den Gründer des in den USA und Großbritannien tätigen Center for Countering Digital Hate (CCDH), Imran Ahmed. Der Brite lebt der Organisation zufolge in Washington, ihm droht nun die Abschiebung aus den USA. Beide setzen sich gegen Hass und Desinformation im Internet ein.
X-Eigentümer Elon Musk hatte das Center for Countering Digital Hate vergangenes Jahr als «kriminelle Organisation» bezeichnet. Das CCDH hatte die von ihm verbreitete Behauptung, Trump solle durch Betrug bei der US-Präsidentenwahl um den Sieg gebracht werden, als Desinformation eingestuft.
Im Falle des Global Desinformation Index hatte Musk die Schließung der Organisation gefordert, die unter anderem vor den Risiken generativer Künstlicher Intelligenz (KI) warnt - ein wichtiges Geschäftsfeld des Tech-Milliardärs. Die Organisation entlarvte auch Verschwörungsmythen rund um das Attentat auf Trump im Juli 2024. Die UN-Organisation Unesco stuft den GDI als «neutral, unabhängig und transparent» ein.
Europa als neues Feindbild
Rubio und andere US-Regierungsvertreter hatten in der Vergangenheit schon mehrfach angebliche Internetzensur in Europa kritisiert. So löste etwa die Entscheidung der EU-Kommission, der Plattform X wegen Transparenzmängeln eine Strafe von 120 Millionen Euro aufzuerlegen, heftige Reaktionen in Washington aus. Rubio kündigte danach an, die Tage der Online-Zensur für Amerikaner seien vorbei.
Trump kritisierte die europäischen Digitalgesetze in der Vergangenheit als wettbewerbsverzerrend. Sein Vize JD Vance sprach von angeblicher Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Europa, bei der vorwiegend politische Positionen aus dem rechtskonservativen Spektrum zensiert würden. Menschenrechtsorganisationen und Thinktanks, die sich für den Erhalt von Rechtsstaat und Demokratie einsetzen, werfen hingegen der US-Regierung vor, ihre Kritiker mundtot zu machen und unliebsame Meinungen mit Hilfe einer auf Regierungskurs getrimmten Tech-Branche aus dem politischen Diskurs zu verbannen.
«Wir lassen uns nicht einschüchtern»
In seiner Sanktionsmitteilung warf das US-Außenministerium nun auch HateAid vor, die Organisation sei nach der Bundestagswahl 2017 mit dem Ziel gegründet worden, ein Gegengewicht zu «konservativen Gruppen» zu bilden. Die Antwort der beiden Gründerinnen, die eine politische Agenda von sich weisen, fiel klar aus: «Wir lassen uns von einer Regierung nicht einschüchtern, die Zensurvorwürfe instrumentalisiert, um diejenigen, die sich für Menschenrechte und Meinungsfreiheit einsetzen, mundtot zu machen», hieß es in ihrer Stellungnahme. HateAid werde seine Arbeit mit aller Kraft fortsetzen.
© dpa-infocom, dpa:251223-930-463263/4
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten