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Das sagt der Experte Michael Gomolzig!

Sollten Hausaufgaben abgeschafft werden?

Es klingt wie der Traum eines jeden Schülers: keine Hausaufgaben mehr!

Dafür streiken gerade die Schulkinder in Spanien – und dabei werden sie sogar von ihren Eltern unterstützt! Mehr als 10 Stunden, die in der Woche für Hausaufgaben draufgehen, sind einfach zu viel. Es gibt kaum noch Zeit zum Toben und Spielen - das verstößt sogar gegen das Gesetz. Denn laut UN-Kinderrechts-Konvention haben Kinder das Recht auf Ruhe, Freizeit und Spiel. Eltern und Kinder bestreiken jetzt erstmal alle Hausaufgaben fürs Wochenende im November.

Wir haben bei Michael Gomolzig vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg nachgefragt:

Können die Hausaufgaben überhaupt einfach so abgeschafft werden?

"Also wenn abschaffen, dann heißt es nur innerhalb eines Ganztagesbetriebs. Denn, dann kann ich natürlich, wenn die Kinder um 16 oder 17 Uhr aus der Schule kommen nicht noch sagen „so und jetzt noch zwei Stunden Hausaufgaben“, dann kommen sie nachher nämlich auf einen größeren Arbeitstag als die Erwachsenen. Dann ist es durchaus sinnvoll zu sagen: keine Hausaufgaben!

Dann sind es eben "schulische Aufgaben", die in der Schule erledigt werden müssen. Man kann immer ganz schnell jammern. Die Frage ist vielmehr: Was will ich damit erreichen? Möchte ich mein Kind fördern? Manchmal wird das eigene Kind sogar zu viel gefördert – es gibt sehr, sehr ehrgeizige Eltern, die ihren Kindern einiges abverlangen, die sogar sagen „Setz dich hin, ich diktiere dir jetzt nochmal ein Diktat. Jetzt musst du das und das machen, damit du ja gut bist in der Schule“.

Und es gibt auch Eltern, denen ist das egal. Die sehen nicht ein, dass es ja für das Kind eine sinnvolle Arbeit ist, im Rahmen der Möglichkeiten, die das Kind hat, und im begrenzen zeitlichen Rahmen. Denn ein Schüler, ein Kind, braucht noch genügend Zeit um zu spielen und sich mit Freunden zu treffen. Da darf die Hausaufgabe kein Hinderungsgrund sein. Sondern es muss eine zusätzliche Aufgabe sein, die zu bewältigen ist."

Also Hausaufgaben ja, aber in Maßen?

"Ja, und mit der nötigen Gelassenheit angehen. Und gegebenenfalls auch als Eltern einen Zettel mitzugeben: Mein Sohn hat sich sehr bemüht, hat die Hausaufgaben aber innerhalb eines vernünftigen zeitlichen Rahmens von, sagen wir mal, eineinhalb Stunden nicht schaffen können.

Dann Kontakt mit dem Lehrer aufsuchen. Wichtig ist, dass man miteinander spricht, denn es muss ja irgendeine Ursache haben. Entweder ist das Kind überfordert oder es hat schlechte Voraussetzungen zu Hause. Schauen Sie manche Arbeitsplätze von Kindern daheim an. Die müssen am Küchentisch Hausaufgaben machen, während die Mutter kocht, das kleine Baby nebendran schreit und zwei andere Geschwister streiten. Wie soll man da ordentlich arbeiten können?

Dagegen hat ein anderes Kind vielleicht einen geregelten Arbeitsplatz, wo alles schön ruhig ist. Also die Rahmenbedingungen spielen auch bei Hausaufgaben eine große Rolle."

Wofür sind Hausaufgaben im eigentlichen Sinne da?

"Hausaufgaben sind dazu da, dass die Kinder selbstständig etwas tun. Wenn ein Schüler selber nicht lernt - und individuelles Lernen ist ein ganz großes Schlagwort auch bei uns in Baden-Würrtemberg - dann kann er sich den Stoff nicht erarbeiten. Was ich aus meiner Erfahrung als Lehrer sagen kann: Viele, viele Eltern haben sich die Hausaufgaben zu ihren Aufgaben gemacht und helfen deshalb, damit das Kind möglichst gut da steht. Der Lerneffekt ist dann natürlich sehr, sehr gering dadurch."