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Postnatale Depression soll kein Tabu-Thema mehr sein

Wenn das eigene Kind fremd bleibt

"Wahrscheinlich fühlst du dich gerade ziemlich unwohl - glaub mir, es geht mir genauso." So beginnt Kathy DiVincenzo einen ergreifenden Facebook-Post, der um die Welt geht.

Sie möchte anderen die Augen öffnen. Kathy DiVincenzo postet zwei vollkommen unterschiedliche Bilder von sich und ihren Kindern auf Facebook. Dazu schreibt sie einen langen, rührenden Text.
 

Auf dem einen Bild ist Kathy so zu sehen, wie man sich eine Mutter vorstellt: Sie sitzt in kompletter Idylle in dem glänzenden Kinderzimmer. Auf dem anderen Foto zeigt sie das komplette Gegenteil. Sie wirkt überfordert, ungepflegt und unglücklich. Dieses Bild würde normalerweise keine Mutter ins Internet stellen. Doch Kathy möchte bewusst Aufmerksamkeit erregen, um über das wichtige Thema der Postnatalen Depression aufzuklären. Ihr Post wurde rund 50.000 Mal gelikt und 72.000 Mal geteilt. Allein diese Zahlen zeigen, wie viele Frauen tatsächlich betroffen sind.

Was ist PND überhaupt?

10-20% aller Mütter sind von der Postnatalen bzw. Postportalen Depression betroffen, umgangssprachlich auch Wochenbettdepression genannt. Dennoch wird das Thema oft verschwiegen, weil sich Mütter dafür schämen oder Angst haben als schlechte Mutter bezeichnet zu werden.
Die Postnatale Depression (PND) kann zu jedem Zeitpunkt in den ersten 2 Jahren nach der Geburt eintreten. Oft dauert sie mehrere Wochen bis Monate an. Mit einer entsprechenden Behandlung kann dieser Zeitraum allerdings stark verkürzt werden.

Die Gründe für PND sind vielfältig und noch nicht hinreichend erforscht. Hauptgrund scheint allerdings der plötzliche Hormonwandel im Körper der Frau zu sein. Nach der Geburt sinken die Östrogenwerte rapide, dies kann unter anderem zu erheblichen Schlafstörungen führen. Auch die plötzliche Veränderung des Körpers (Bauch, Brüste, Stoffwechsel) nach der Entbindung kann Ursache für eine Postnatale Depression sein.

Was kaum einer weiß: Auch Väter können sowohl am Babyblues, als auch an der Postnatalen Depression erkranken. In Deutschland betrifft das bis zu 10% der frisch gebackenen Väter.

Symptome von PND:

Energiemangel, Traurigkeit, inneres Leeregefühl, Schuldgefühle, ambivalente Gefühle dem Kind gegenüber, allgemeines Desinteresse, Teilnahmslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Tötungsgedanken (auf sich, auf das Kind und/oder andere Familienmitglieder bezogen), sexuelle Unlust, Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, extreme Reizbarkeit, Taubheitsgefühle, Zittern, Schwindel, Konzentrations- und Schlafstörungen, Ängste und Panikattacken.
In extremen Fällen kann sich PND zu einer Postportalen Psychose entwickeln. Dies ist die schwerste Form der Depression nach einer Geburt und sollte umgehend in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden. Dort sind die Heilungschancen allerdings sehr gut. Rund 1-3% der Mütter sind von dieser schweren Form betroffen.

Der Unterschied zum Babyblues

Fast alle Mütter kennen den Babyblues, er bildet die mildeste Form des Krankheitsbildes und gilt als vollkommen "normal". Die sogenannten Heultage treten bei fast jeder zweiten Frau kurz nach der Geburt auf. An diesen Tagen fühlt sie sich motivationslos, reizbar, manchmal sogar aggressiv und ängstlich.

Der größte Unterschied zur Postnatalen Depression: Der Babyblues ist nach maximal 2 Wochen wieder vorbei. Falls der emotionale Zustand doch länger dauert, besteht die Gefahr, dass es sich um die Postnatale Depression handelt. dann sollte die Betroffene zur Sicherheit einen Arzt oder Therapeuten aufsuchen.

Auch Stars sind betroffen

Ein aktuelles Beispiel zeigt: Auch Prominente bleiben von diesen Krankheiten nicht verschont. Vor einigen Tagen gab Schauspielerin Sarah Michelle Gellar mit einem emotionalen Instagram-Post bekannt, dass auch sie nach der Geburt ihrer ersten Tochter im Jahr 2009 an Postnatalen Depressionen litt. Gellar schrieb zu dem Post: „An alle, die da durch gehen, ihr müsst wissen, dass ihr nicht alleine seid und dass es wirklich besser wird."

Gellar ist allerdings nicht die einzige Prominente, die an PND erkrankte. Auch Gwyneth Paltrow und Victoria Beckham litten monatelang unter der Krankheit. 2012 erzählte Victoria Beckham in einem Interview: "Ich bin nach der Geburt über drei Monate lang im Jogginganzug herumgelaufen und habe geweint".

Eine wichtige Botschaft zum Schluss: Es gibt weder eine Garantie dafür, dass man an PND erkrankt, noch eine Versicherung, dass man verschont bleibt. Bemerkt man allerdings die typischen Symptome über einen längeren Zeitraum hinweg, sollte man sich dringend Hilfe suchen. Es ist keine Schande an PND zu erkranken, man sollte sich auf keinen Fall verstecken!