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Kritik an "Tote Mädchen lügen nicht"

Schadet diese Serie unseren Kindern?

Heiß diskutiert wird zur Zeit die Serie "Tote Mädchen lügen nicht". Die erfolgreiche US-amerikanische Produktion greift Tabuthemen unter Teenagern auf: Mobbing, Gewalt, sexuelle Belästigung und Suizid.

Der Tod durch die eigene Hand. Das Thema ist heikel in jeder Altersklasse, aber gerade bei den Jüngeren ein Tabuthema. Die genauen Zahlen statistisch festzuhalten ist schwierig. Viele Suizidversuche bekommen Beratungsstelen oder Hausärzte mit. Viele bleiben oft völlig unbehandelt und somit unbekannt. Die tatsächliche Selbstmordrate in Deutschland zwischen 2011 und 2015 bei Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren ist erschreckend. In dieser Altersklasse kamen im Jahr 2015 auf 100.000 Einwohner in Deutschland durchschnittlich 4,7 Selbstmorde. 2013 lag die Zahl noch bei 0,5.

Die Serie "Tote Mädchen lügen nicht" greift diese Zahlen auf und thematisiert sie.

Worum geht es?

Die Schülerin Hannah Baker begeht Suizid. Sie hinterlässt eine Reihe von Kassetten, auf denen sie 13 Gründe für ihren Selbstmord nennt. Darunter Gewalt, psychische und körperliche Misshandlungen, Vertrauensbruch, Mobbing. Ausgeführt von Personen aus ihrem Umfeld, denen sie die Schuld gibt. Clay erhält zwei Wochen nach ihrem Tod all diese Kassetten. Auch er ist einer der Gründe. Er kommt den dunklen Geheimnissen von Hannah, den anderen Mitschülern und Lehrern auf die Spur.

Die Fernsehserie basiert auf dem Buch "13 reasons why" von Jay Asher aus dem Jahr 2007.

"Suizide können ansteckend wirken"

Psychologen und Psychotherapeuten sehen die Wirkung dieser Serie sehr kritisch. Seit Goethes Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" ist bekannt, dass viele Männer dem Protagonisten nacheiferten und sich wie die Romanfigur erschossen. Nach dem Suizid des Torhüters Robert Enke im Jahr 2009 schnellte die Zahl der Selbstmorde ebenfalls in die Höhe. Mathias Berger ist wissenschaftlicher Beirat und sieht einen Zusammenhang:

Suizide können ansteckend wirken.

Dagegen argumentieren die Macher der Serie, dass es gefährlicher sei, solch ein Thema zu tabuisieren. Psychologe Christian Klesse hält es ebenfalls für notwendig über Mobbing, Vergewaltigung, Suizid und Auswirkungen zu diskutieren. Er hält es aber für falsch, Selbstmord als einzigen Ausweg aus solchen Situationen aufzuzeigen.

Die Frage ist doch, ob dies aus dem Blickwinkel eines Mädchens angestoßen werden kann, das zweifellos Enttäuschendes, Entmutigendes, Verletzendes, Widriges und Widerwärtiges erlebt hat, dann jedoch nur noch die Option sieht, sich selbst umzubringen [...] Ob also eine 13-teilige Serie sinnvoll ist, um Suizidalität, ihre Bedingungen und ihre Folgen so ausgweg- und alternativlos zu reflektieren, sei dahingestellt.

Trotz all der Kritik wird es 2018 eine zweite Staffel dieser Serie geben. Dann wird es um das Leben der Peiniger nach Hannahs Tod gehen und es werden andere Perspektiven betrachtet.

Tipps im Umgang mit Suizid für Eltern und Jugendliche

Klesse und Berger sind sich einig, sowohl die Eltern, als auch Gleichaltrige müssen ein offenen Ohr haben. Denn Zuhören schafft Vertrauen bei den Heranwachsende. Probleme und Tabuthemen sollten immer angesprochen werden, um dann Auswege aufzuzeigen. Klesse rät Eltern außerdem:

Da diese Serie unter Jugendlichen hohe Popularität genießt, sollten sich die Erwachsenen unbedingt auch damit beschäftigen und die Heranwachsenden damit nicht alleine lassen.

Suizidgefährdung zu erkennen ist nicht einfach. Generell kann gesagt sein, dass Verlschechterungen in der Schule, Schulschwänzen Antriebsmangel, Mangelernährung, Fressanfälle und sozialer Rückzug, Kriterien sein können. Grundsätzlich raten die Experten Kontakt zu professionellen Helfern aufzunehmen.