Das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin hatte kürzlich gemeinsam mit dem FLI über die Todesfälle berichtet. Sie gehen davon aus, dass es sich um die ersten gesicherten Bornavirus-Nachweise beim Menschen überhaupt handelt. Kürzlich berichtete das RKI von den Fällen.
Mit hoher Sicherheit hätten sich zwei der Patienten über transplantierte Organe des gleichen Spenders angesteckt. „Wir gehen bei diesem Geschehen von einem sehr seltenen Einzelfall aus“, berichtete Beer. Der dritte Todesfall hingegen steht nicht mit der Transplantation in Zusammenhang – Einzelheiten wurden aber nicht bekannt.
Lange Erfahrung mit Bornavirus bei Tieren
Infektionen mit dem Bornavirus sind bei Pferden seit mehr als 100 Jahren bekannt – mit Gehirnentzündungen der Tiere als mögliche Folge. Ist ein Tier erkrankt, zeigt es Bewegungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten – und stirbt häufig an den Folgen. Allerdings ist es nicht endgültig geklärt, wie sich die Tiere anstecken.
Bekannt ist jedoch, dass sich die Erreger in Deutschland in Feldspitzmäusen vermehren und von ihnen wieder ausgeschieden werden können. Der Weg zum Menschen ist nicht bekannt. Allgemein tritt das Virus laut RKI selten auf: In Teilen Österreichs sowie in Ost- und Süddeutschland, Lichtensteins und der Schweiz.
In Zukunft muss auf Bornaviren getestet werden
Die Kliniken, in welchen die Patienten der Transplantation behandelt worden waren, zogen Ende 2016 die Forscher vom FLI, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit hinzu. Mit der Standarddiagnostik konnte die Ursache der Gehirnentzündungen nicht gefunden werden. Bereits 2015 war das FLI bei der Aufklärung von drei unklaren Gehirnentzündungen beteiligt.
Diesmal aber entdeckten die Forscher dank spezieller Analysemethoden das klassische, von Pferden und Schafen bekannte Bornavirus. „Danach wurde bei Gehirnentzündungen bisher nicht gesucht, weil es keinerlei Hinweise gab, dass es eine Rolle spielen könnte“, berichtet Beer. Eine Folge der neuen Erkenntnisse für die Humanmedizin sei, dass bei ungeklärten Fällen von Gehirnentzündungen auch auf Bornaviren getestet werden sollten - neben den anderen möglichen Erregern.
Geeignete Prüfwerkzeuge fehlen
Ziel ist es jetzt, neue Nachweismethoden zu entwickeln, um Bornavirus-Infektionen bereits in einem frühen oder chronischen Stadium erkennen zu können, sagte Hartmut Hengel, Präsident der Gesellschaft für Virologie und Virologe an der Universität Freiburg. „Noch besitzen wir aber keine geeigneten Werkzeuge, um Organspender vorbeugend zu testen“, so Hengel. Zudem ist unklar, ob Vorerkrankungen in den nun dokumentierten Fällen eine Rolle spielen.
Wissenschaftliche Diskussionen
Um das Virus und seine Gefährlichkeit gab es eine wissenschaftliche Diskussion. Von Beginn der 90er Jahre an, hatten Wissenschaftler am RKI zu möglichen Bornovirus-Infektionen des Menschen geforscht. Die Arbeit wurde 2005 allerdings eingestellt. Damals hieß es, man habe trotz jahrelanger Bemühungen keinen belastbaren Hinweis auf eine Gefährdung des Menschen gefunden.
Vermeintliche Bornavirus-Nachweise in menschlichen Proben wurden später auf Verunreinigungen im Labor zurückgeführt. Das Thema hatte außerdem viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, weil einige Wissenschaftler das Bornavirus als einen Faktor beim Entstehen von psychischen Krankheiten wie Depression und Schizophrenie darstellten.
Die Todesfälle ändern alles
Martin Beer vom FLI betonte jedoch: „Man muss die aktuellen Einzelfälle eindeutig von den Diskussionen der vergangenen 20 Jahre und den damaligen Untersuchungen abtrennen. Wir sehen jetzt eine ganz klare Symptomatik, wir haben Todesfälle und in den Proben der verstorbenen Patienten lassen sich sehr große Mengen an Virus-Genom nachweisen.“
In einem mit Bundesmitteln geförderten Organisation („ZooBoCo“) möchten Forscher mehrerer deutscher Institutionen den offenen Fragen zu Bornaviren nachgehen – zum Beispiel zu Infektionswegen und Risikogebieten.