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Allerdings sind die Meinungen gespalten

Studie: Lesen und Schreiben lernen geht am besten mit der "Fibelmethode"

​"Heißt das geträumt oder getreumd?“ Das ist zum Beispiel eine Frage, die sich Grundschüler stellen müssen. Aber wie lernen Kinder denn am besten das Lesen und Schreiben? Genau diese Frage wird schon seit vielen Jahren heiß diskutiert. „Fibelmethode“, „Rechtschreibewekstatt“ oder doch „Lesen durch Schreiben“? Eine Studie jetzt herausgefunden, welche Methode am sinnvollsten ist.

Lesen und Schreiben lernt sich besser mit der "Fibelmethode"

Eine Studie der Universität Bonn hat ergeben: Kinder, die mit der "Fibelmethode" das Lesen und Schreiben erlernt haben, beherrschen die deutsche Rechtschreibung besser. Die anderen Methoden wie „Lesen durch Schreiben“ oder die „Rechtschreibewerkstatt“ schnitten deutlich schlechter ab.

Unterschiedliche Ansätze

Aber wie kommen die Forscher darauf und wie funktionieren die verschiedenen Methoden? Bei der „Rechtschreibwerkstatt“ bekommen Kinder lediglich Materialen zur Verfügung, die sie selbstständig und in ihrer ganz eigenen Reihenfolge abarbeiten müssen - und das ohne zeitliche Vorgabe. So sollen sie eigenständig Lesen und Schreiben lernen.

Bei der Methode „Lesen durch Schreiben“, die auch „Schreiben nach Gehör“ genannt wird, müssen die Kinder von der ersten Klasse an alles so schreiben, wie sie es verstanden haben. Das kann bis zur dritten Klasse gehen. Außerdem werden Fehler werden korrigiert um Frust der Kinder zu vermeiden. Diese Methode ist in den letzten Jahren allerdings massiv in die Kritik geraten, nachdem sie einst die "Fibelmethode" an vielen Schulen abgelöst hatte. Lehrer an weiterführenden Schulen klagten vermehrt über die fehlenden Rechtschreibkenntnisse der Kinder. 2013 sprachen viele Experten schon von einer „Rechtschreib- Katastrophe“. Daraufhin wurde die „Lesen durch Schreiben“ Methode an vielen Schulen, unter anderem in Hamburg und Baden-Württemberg, wieder abgeschafft.

Beim der „Fibelmethode“ werden Buchstaben und Wörter schrittweise und nach festen Vorgaben eingeführt. Dieser Ansatz wurde lange Zeit praktiziert und soll, so die Ergebnisse der Studie, die besten Ergebnisse erzielen. Una Röhr-Sendlmeier vom Institut für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie sagte der dpa:

"Die Studienergebnisse weisen klar darauf hin, dass alle Kinder gleichermaßen vom Einsatz einer Fibel im Unterricht profitieren." 

Studie untersucht die drei verschiedenen Methoden

Die Wissenschaftlerin hatte zusammen mit ihrem Team die Rechtschreibeleistung von mehr als 3000 Kindern aus Nordrein-Westfalen untersucht. Alle Kinder lernten das Lesen und Schreiben mit einer der drei Methoden. Für die Studie testeten die Forscher zunächst die Vorkenntnisse der Kinder vor deren Einschulung. Nach der wurde die Rechtschreibeleistung der Kinder jedes halbe Jahr durch Diktate ausgewertet.

Das Ergebnis

Wie die Wissenschaftler der Studie berichten konnten sie folgendes feststellen: Schüler die nach der „Lesen durch Schreiben“ Methode lernten, machten am Ende der vierten Klasse im Schnitt 55 Prozent mehr Rechtschreibfehler, "Werkstatt"-Schüler sogar 105 Prozent mehr als Kinder, die nach der „Fibelmethode“ unterrichtet wurden. Laut dem an der Studie beteiligten Bonner Wissenschaftler Tobias Kuhl profitierten auch Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch war, von der "Fibelmethode“. Die anderen beiden Ansätze führen laut Kuhl vermehrt zu Fehlern. Denn Kinder lernen am besten, wenn es einen Ablauf vom Einfachen zum Komplexen gäbe.

Debatte um die Ergebnisse

Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse entstand eine Diskussion. Nicht jeder ist der Meinung, die „Fibelmethode“ führe zu einer besseren Rechtschreibung. Der Grundschulverband zum Beispiel hält die Aussage für zu pauschal. Er kritisiert:

Eine solche Allgemeinaussage ist nach dem aktuellen Forschungsstand nicht möglich und höchst irreführend."

Und auch der Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist eher skeptisch. Grundsätzlich sei es "nicht zielführend", die Rechtschreibfähigkeit als einzelnen Aspekt losgelöst von allen anderen Lernprozessen zu untersuchen, so der Verband. Laut Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbands, arbeiten viele Lehrer erfolgreich mit einem Ansatz, der das „Lesen durch Schreiben-Konzept“ mit einbaue. So fordert er:

Jede einzelne Schule sollte die Entscheidung treffen, auf welche Weise sie den Kindern in den ersten Schuljahren das Lesen und Schreiben vermittelt.