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Mit 432 Stimmen lehnt Parlament den Vertrag ab

Mays Brexit-Abkommen - deutliche Mehrheit entscheidet sich für "No Deal"

Einmal hat die britische Premierministerin Theresa May die Abstimmung verschoben. Nun ist aber der Tag gekommen: Das britische Parlament entscheidet über den Brexit-Vertrag mit der Europäischen Union. Und die Entscheidung ist gefallen…

Abgeordnete rechnen mit Mays Abkommen ab

Das Ergebnis ist eindeutig: Mit 432 von insgesamt 634 Stimmen wurde das von Theresa May erarbeitete Brexit-Abkommen abgelehnt. 202 haben für das Brexit-Abkommen gestimmt. Mindestens 320 Stimmen hätte die Premierministerin gebraucht, um ihren 550 seitigen Brexit-Vertrag durch das Parlament zu kriegen.

Kurz nach Verkündung der Ergebnisse stellte oppositionele Labour-Partei einen Misstrauensantrag gegen die Regierung von May. Das gab Labour-Chef Jeremy Corbyn im Unterhaus bekannt. Die Abstimmung soll am Mittwoch stattfinden. Corbyn spricht von einer "katatrophalen Niederlage" Mays - der größten Niederlage einer britischen Regierung seit de 1920er Jahren.

Worüber wurde abgestimmt?
Am Dienstagabend hat Theresa May das mit der Europäischen Union ausgehandelte Brexit-Abkommen im britischen Parlament zur Abstimmung gestellt. Die Frage: Deal or No Deal?

Im langwierigen Streit über den britischen EU-Austritt haben sich die Abgeordneten des britischen Unterhauses 2017 eine Art Veto-Rech für das Brexit-Abkommen mit Brüssel gesichert. So darf die britische Regierung nur nach Zustimmung des Parlaments unterzeichnen. Dabei wird diese Abstimmung als „meaningful vote“, also „bedeutungsvolles Votum“ bezeichnet. Um den Vertrag rechtskräftig zu machen, ist dann noch ein Gesetzgebungsverfahren nötig.

Was passiert nun, nach dem abgelehnten Deal?
Was nun passiert ist schwer vorherzusagen. Großbritannien hat keine geschriebene Verfassung. Die Ablehnung könnte bereits mit Forderungen für das weitere Vorgehen versehen werden. Laut dem EU-Austrittgesetz muss die britische Regierung spätestens 21 Tage nach der Ablehnung dem Parlament darlegen, wie es weitergehen soll. Nun hat das Unterhaus diese Frist theoretisch auf drei Sitzungstage verkürzt. Somit würde der Stichtag auf Montag 21. Januar fallen. Es ist allerdings derzeit umstritten, ob sich das Parlament rechtlich an diese Fristen halten muss.

Spätestens sieben Tage nach dem Vorlegen eines „Plan B“ muss die Regierung dem Gesetz zufolge über den neuen Plan abstimmen lassen. Das wäre nach derzeitigem Stand der 31. Januar. So könnten die Abgeordneten dann diesen Plan B anpassen und somit beispielsweise eine engere Anbindung an die EU fordern oder ein zweites Referendum einfordern. So sehen die Brexit-Szenarien nach der Abstimmung aus:
 

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Was wäre passiert, wenn der Deal angenommen worden wäre?

Hätte May das Abkommen durch das Parlament gebracht, wäre der Austritt aus der EU sehr wahrscheinlich wie geplant am 29. Mai über die Bühne gegangen. Dann bliebe in einer Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 im Alltag fast alles, wie es ist. Dann hätten Brüssel und London an ihrer neuen Beziehung arbeiten können. Die Gefahr eines chaotischen Bruches wäre so zunächst gebannt gewesen. Für ihr Brexit-Abkommen hätte May 320 Stimmen gebraucht. Diese Zustimmung des May-Vertrages galt allerdings bereits vor der Wahl als sehr unwahrscheinlich – Von den 317 Abgeordneten ihrer eigenen konservativen Partei hatten rund 100 ein ‚Nein‘ angekündigt.

Kann May die Abstimmung wiederholen?
Theoretisch, ja. May könnte versuchen, weitere Zusicherung aus Brüssel einzuholen, Zugeständnisse der Opposition zu machen und den Deal erneut zur Abstimmung stellen. Die Premierministerin könnte darauf, dass die Angst vor einem Austritt ohne Abkommen mit voranschreitender Zeit, Wirkung zeigt. „Der einzige Weg, ein ‚No Deal‘ zu verhindern, ist, für einen Deal zu stimmen“, so lautete ihre Devise vor der Abstimmung.

Die britische Zeitung ‚The Observer‘ hatte allerdings am Sonntag berichtet, dass die oppositionelle Labour-Partei im Fall einer Ablehnung des Austrittsvertrags umgehend ein Misstrauensvotum gegen May beantragen will. Die Abstimmung darüber könnte demnach bereits am Mittwoch erfolgen. Sollte Theresa May bei einem Misstrauensvotum durchfallen, hätte das Unterhaus 14 Tage Zeit eine neue Regierung  zu bilden – ansonsten müsste es Neuwahlen geben.