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Ernährung, Trinkwasser, Atemluft

Mikroplastik: Jeder von uns isst eine Kreditkarte pro Woche!

Winzig kleine Plastikteilchen befinden sich in unserem Essen, unserem Trinkwasser und sogar in der Luft. Je nach Wohnort und Ernährungsweise nimmt der Mensch wöchentlich fünf Gramm Mikroplastik zu sich – Das ist so viel wie eine ganze Kreditkarte! Die Frage ist: Wie schlecht ist das für unseren Körper?

Menschen nehmen täglich Mikroplastik zu sich – durch die Nahrung, das Trinkwasser, allein durch das bloße Atmen. Abhängig von den Lebensumständen, können das fünf Gramm pro Woche sein. Das schätzen Forscher der Universität Newcastle in Australien, die sich im Auftrag der Umweltstiftung WWF bereits vorhandene Studie genauer angeschaut haben. Ein erschreckender Vergleich: Eine Kredtikarte wiegt auch etwa fünf Gramm.

In der Untersuchung der Forscher wurden Daten zu Mirkoplastik (Teilchen kleiner als fünf Millimeter) in der Atemluft, im Trinkwasser, in Salz, in Bier und in Schalentieren analysiert. Mikroplastik, das auf anderem Wege im Körper aufgenommen wird, wurde nicht berücksichtigt.

Der WWF fordert ein globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung mit verbindlichen Zielen. „Wenn wir kein Plastik in unserem Körper wollen, müssen wir verhindern, dass jedes Jahr Millionen Tonnen Kunststoffmüll in die Natur geraten", so Heike Vesper, Leiterin des Bereiches Meeresschutz beim WWF Deutschland in einer Mitteilung.

Derzeit ist es aufgrund der winzigen Größe der Partikel technisch nicht möglich diese aus der Umwelt zu entfernen. Daher muss laut WWF präventiv verhindert werden, dass Plastik überhaupt in die Natur gelangt.

Mikroplastik-Teilchen entstehen unter anderem beim Abrieb von Reifen oder Schuhsohlen, beim Verschleiß größerer Plastikteile oder beim Waschen synthetischer Textilien. Auch Plastikpartikel in Kosmetika, aus Bauschutt oder von Sportplätzen gelangen letzten Endes in der Umwelt, beispielsweise im Meer.   

Im vergangenen Jahr ging das Fraunhofer Institut in einer Studie davon aus, dass in Deutschland nur rund ein Viertel des Kunststoffs, der in die Umwelt gelangt, aus Makroplastik. Darunter sind beispielsweise Plastiktüten oder Plastikflaschen zu verstehen.  Der Rest, also rund 74 Prozent, sind demnach Mikroplastik.

Plastikanteil abhängig von Wohnort und Lebensbedingung
Der WWF-Studie zufolge nehmen Menschen den Großteil des Mikroplastiks über das Trinkwasser auf. Dabei ist Wasser aus Flaschen mehr betroffen als Leitungswasser. Vermutlich ist dafür die Flasche selbst oder der Produktions- bzw. Transportprozess verantwortlich. Laut WWF-Expertin Kraas ist das Leitungswasser in Deutschland jedoch unbedenklich: „Man geht nach heutigem Forschungsstand davon aus, dass es im deutschen Grundwasser keinen realen Befund für Mikroplastik gibt.“

Laut den Forschungsergebnissen gibt es bei Trinkwasser deutliche regionale Unterschiede. Vor allem in den USA und in Indien wurde doppelt so viel Mikroplastik nachgewiesen, als in Europa oder in Indonesien. Wie Heike Vesper der WWF erklärt:

Wie viel Mikroplastik jemand aufnimmt, ist abhängig vom Wohnort, den Lebensbedingungen und der Ernährungsweise.

Macht Mikroplastik krank?

Der Studie zufolge nehmen US-Amerikaner die Plastik-Partikel größtenteils durch Luft, Flaschenwasser und Meerestiere auf (Fisch wurde dabei nicht berücksichtigt). Es lassen sich allerdings noch keine Rückschlüsse auf Deutschland ziehen. Auch ist noch nicht sicher, wie sich die Aufnahme von Plastik auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Weitere Forschung auf diesem Gebiet muss erst noch durchgeführt werden. Anfang Juni sagte der Institutspräsident Andreas Hensel gegenüber der Funke-Mediengruppe:

Die These, dass Mikroplastik aus Lebensmitteln Menschen krank macht, ist derzeit wissenschaftlich nicht belegt.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) will jedoch mögliche negative Auswirkungen nicht ausschließen. Nach einem Aufsatz vom Alfonso Lampen vom BfR reagieren die meisten sogenannten Polymere, aus denen Plastik hauptsächlich besteht, nicht im menschlichen Körper. Somit sei eine toxische Wirkung vermutlich erstmal unwahrscheinlich – auch wenn hierbei viele Fragen offen blieben und auch dies nicht eindeutig bewiesen sei.

Zudem würden Plastik oftmals verschiedene Zusatzstoffe, wie Farbstoffe, Weichmacher oder Duftstoffe. Unter gewissen Bedingungen könnten diese im Körper freigesetzt werden. Außerdem könnten Plastikteilchen in der Umwelt beispielsweise durch Algentoxine oder Biozide kontaminiert werden – auch hier ist unklar, ob diese im menschlichen Körper reagieren oder freigesetzt werden können.

Insgesamt fehlen den Wissenschaftlern also noch zahlreiche Daten, um genaue Prognosen zur Auswirkung auf die menschliche Gesundheit zu treffen. In den kommenden Jahren wird die Forschung auf diesem Gebiet stark zunehmen, davon geht das BfR aus. Bis dahin müsse man, um die Aufnahme von Plastik im Menschen zu reduzieren, weniger Plastik produzieren und auch nutzen. Dies sei die effektivste Methode.