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Star-Anwalt Ingo Lenßen antwortet auf häufig gestellte Fragen

Arbeitsrecht und Kinderbetreuung in der Coronavirus-Krise

Schulen und KiTas schließen, Dienstreisen werden abgesagt und viele sollen aus dem Homeoffice arbeiten. Die Ausbreitung des Corona-Virus verunsichert viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer zahlt das Gehalt, wenn Unternehmen eine „Corona-Pause“ einlegt? Wer betreut jetzt die Kinder? Wir haben die wichtigsten Fragen für dich geklärt, indem wir unseren Star-Anwalt Ingo Lenßen gefragt haben.

Die Schulen in Baden und der Pfalz sollen ab der kommenden Woche geschlossen werden. Das haben die jeweiligen Bundesländer nun entschieden. Zudem darf es keine Großveranstaltungen geben und viele Unternehmen schicken ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Hause. Doch wie steht es nun um Themen wie Lohnausfall und Kinderbetreuung?

Was sollte ich tun, wenn ich dienstlich in eine betroffene Region reisen soll?
Durch den Arbeitsvertrag ist geregelt, ob ein Arbeitnehmer auch an anderen Arbeitsorten seiner Tätigkeit nachgehen kann. Im Falle des Coronavirus tritt zudem die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in Kraft. Dann stellt sich die Frage: Was ist wichtiger? Das Wohl des Arbeitnehmers oder der Vorteil des Unternehmens? Selbst wenn die Antwort für das Unternehmen spräche, kann der Arbeitnehmer die Reise ablehnen. In Sinne der Fürsorgepflicht, würde wohl jedes Arbeitsgericht zugunsten des Arbeitnehmers sprechen.

Schule und KiTa sind geschlossen – Darf ich zu Hause bleiben?
Hier gelten die allgemeinen Regeln: Wenn das Kind krank ist, wird es zu Hause betreut. Arbeitnehmer haben dafür je nach Arbeitsvertrag eine bestimmte Anzahl an Tagen, die sie dafür verwenden können. Per Gesetz sind zehn Tage pro Kind und Elternteil vorgeschrieben. Bei Alleinerziehenden sind das also 20 Tage. Einen Lohnausfall bei einem kranken Kind muss niemand befürchten. Wenn die Schulen und Kitas auf staatliche Anweisung hin schließen, können Eltern nicht einfach zu Hause bleiben. Zwar können sie Urlaub nehmen, der zuvor erst von Arbeitnehmer genehmigt werden muss - wer aber einfach zu Hause bleibt, droht Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung in Kauf zu nehmen. Ingo Lenßen sagt: "Ich hoffe, dass wir alle ein bisschen näher zusammenrücken und Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam erträgliche Lösungen finden."

Darf ich die Kinder mit auf die Arbeit nehmen?
Eine pauschale Lösung gibt es dafür nicht. Ingo Lenßen meint aber: "Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten aufeinander zugehen und in diesen Zeiten größere Toleranz walten lassen. Arbeitgeber sollten über Lösungen nachdenken und Arbeitnehmer sollten nach Lösungen fragen, von denen wir später vielleicht sogar noch profitieren können."

Darf ich im Homeoffice arbeiten?
Ohne Absprache geht das natürlich nicht. "Ich hoffe, dass wir alle ein bisschen näher zusammenrücken und Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam erträgliche Lösungen finden", meint Ingo Lenßen.

Muss ich zur Arbeit kommen, wenn ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahre?
Um den Arbeitsweg muss sich jeder Arbeitnehmer selbst kümmern. Der Arbeitgeber zwingt niemanden Bus und Bahn zu nehmen. Daher ist die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel keine Ausrede, um aus Angst vor der Ansteckung mit dem Virus nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zur Verfügung stellen und sich eine Alternative überlegen. Zuhause bleiben ist keine Option und ggf. ein Kündigungsgrund.

Was ist, wenn ich eine private Geburtstagsfeier plane?
Wird bspw. der Stadt diese Feier bekannt, darf diese verboten werden. Ingo Lenßen meint aber, dass es darum geht, was verantwortbar und nicht, was verboten ist. Dabei sollte vor allem an die Risikopatienten gedacht werden, schließlich kann man als gesunder und fitter Mensch ohne auffällige Symtome Überträger und Ansteckungsherd des Corona-Virus sein. Feiern sollten derzeit lieber verschoben werden, um auf Nummer sicher zu gehen.

Ein Veranstalter sagt eine private Feier ab - darf der das?
Wenn der Veranstalter eine Feier cancelt, dürfen keine Kosten an einem hängen bleiben. Jedoch darf der Veranstalter von seinem Hausrecht Gebrauch machen, was in Anbetracht der Umstände nicht angefochten werden sollte. Es dient schließlich dem Gemeinwohl.

Bekomme ich noch Gehalt, wenn ich in häuslicher Quarantäne bin?
Wenn der Arbeitnehmer noch nicht erkrankt ist, sondern nur zur Beobachtung in Quarantäne ist, so gilt er nicht als arbeitsunfähig im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Daher liegt auch kein Fall der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vor. Da der Arbeitnehmer aber trotzdem seiner Arbeitsverpflichtung während dieser Zeit unter Umständen nicht nachkommen kann, obwohl er das wollte, steht die Frage noch offen, wer in diesem Fall für den Lohnausfall des Arbeitnehmers ausgleicht.

Wer zahlt mein Gehalt bei einer „Coronapause“?
Wenn der Arbeitgeber entscheidet das Unternehmen zu schließen, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, müssen Angestellte weiterhin in voller Höhe weiter vergütet werden. Der Betrieb trägt dann das finanzielle Risiko, auch wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam auf die Freistellung einigen. Anders ist das, wenn der Betrieb durch die Gesundheitsbehörden zur Schließung aufgefordert wird. Dann greifen allgemeine Entschädigungsregelungen.