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"Ich empfehle Paaren, in dieser Ausnahmezeit achtsam miteinander umzugehen"

Wenn die Corona-Regeln zur Gefahr für Familien und Paare werden

Die Kontakt- und Ausgangbeschränkungen stellen gerade viele Familien und Paare auf die Zerreisprobe. Dabei kann es über Streitigkeiten hinaus sogar zu gewalttätigen Vorfällen kommen. Denn die Zahlen deuten darauf hin, dass die häusliche Gewalt seit Einführung der Corona-Regeln deutlich ansteigen. Wir haben mit der psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Bruchsal gesprochen, wie die Familienharmonie beibehalten werden kann. Im Notfall gilt aber natürlich: Hilfe holen!

Die weiter geltenden Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Krise stellen uns alle vor mehr oder weniger große Herausforderungen. Alleinstehende drohen zu vereinsamen, manche Paare gehen sich zunehmend auf die Nerven, Kinder wollen beschäftigt werden.

"Langeweile ist für Kinder und Erwachsene oft ein Problem", sagt Hiltrud Franken-Horstmann von der psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Bruchsal. Paare hätten so viel Zeit miteinander wie selten zuvor. Das sei nicht nur ein positiver Aspekt sondern schüre oft auch Konflikte.

"Ich empfehle Paaren, in dieser Ausnahmezeit achtsam miteinander umzugehen. Erinnern Sie sich an die Anfangszeit, was Sie aneinander geliebt haben und sagen Sie sich das gegenseitig!"

Täglich ein Kompliment

trage zur guten Stimmung bei. Außerdem wäre laut Franken-Horstmann ein gemeinsames Karten- oder Brettspiel vielleicht wieder eine gute Erfahrung - statt mit dem Handy in den sozialen Netzwerken zu surfen. Aus ihrer täglichen Arbeit berichtet die Beraterin außerdem zum Beispiel von einem Paar, das sich jetzt alte Dias anschaut und sich so an schöne Feste und Urlaub erinnert.
  
Für den Fall, dass es dennoch zum Streit kommen sollte, hat Hiltrud Franken-Horstmann einen einfachen aber wirksamen Tipp:

"Vereinbaren Sie eine kurze Auszeit und sprechen Sie dann erneut miteinander!"

Damit in Familien mit Kindern die Stimmung während der Corona-Zeit nicht kippt, gibt es ebenfalls ein paar Tricks: zum Beispiel könnte jeder in der Familie eine Aufgabe bekommen und bei guter Erledigung erhält er oder sie dafür einen Smiley. Bei einer gewissen Anzahl von Smileys können diese dann eingetauscht werden gegen eine Aktivität, eine Spielzeit am Computer oder ein Lieblingsessen.

Apropos Essen: "Es ist auch eine gute Idee, wenn jeder in der Familie einen Tag in der Woche fürs Kochen zuständig ist", sagt Hiltrud Franken-Horstmann - kleinere Kinder natürlich mit Hilfe eines Erwachsenen. Dadurch werde das Essen gewertschätzt und der Koch oder die Köchin gelobt. Überhaupt sollte jeder jedem in der Familie einmal am Tag ein Kompliment machen oder ein Lob aussprechen. Das trage sehr zur Familienharmonie bei. Hilfreich sind natürlich auch gemeinsame Unternehmungen: rausgehen, Fahhrad fahren, spielen und vieles mehr. Grundsätzlich sagen Familientherapeuten: "Fünf gute Situationen gleichen eine Schlechte aus."

Wer trotzdem mal nicht weiter weiß, weil ihm oder ihr die Decke auf den Kopf fällt, der oder die kann sich dann an eine der vielen Telefonhotlines wenden, zum Beispiel an die der Psychosozialen Beratungsstelle in Bruchsal. Sie lautet: 07251/931 800. Die Nummer gegen Kummer ist die 116 111. Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" erreichst du unter der 0800 011 6016. Das Hilfetelefon "Schwangere in Not" hat die Nummer 0800 404 0020. Das Elterntelefon erreichst du unter der 0800 111 0550.
 

Hiltrud Franken-Horstmann: "Hier kann jeder anrufen mit Problemen mit sich selbst, mit dem Partner, mit den Kindern oder auch bei Ängsten und Sorgen."

Hilfe in der Apotheke
Da Apotheken derzeit geöffnet sind, kann man sich bei Problemen auch an diese wenden. Wer das Codewort "Maske 19" sagt, dem wird geholfen. Die Mitarbeiter leiten die Notsituation umgehend an die zuständigen Behörden weiter.