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Durch fehlenden Regen herrscht in Baden und der Pfalz derzeit extreme Trockenheit

Dürre in Baden und der Pfalz: Herrscht Waldbrandgefahr?

Die Natur leidet unter der starken Trockenheit, die derzeit in Baden-Württemberg herrscht. Wie schlimm es ist und ob auch eine Waldbrandgefahr besteht erklärt Agrar- und Forstminister Peter Hauk im Interview.

Was bedeutet die Trockenheit für die Bäume aktuell?

Es ist eine schwierige Situation. Es ist das dritte Jahr, in dem wir eine mangelnde Wasserversorgung haben – auch wenn die Winterfeuchte etwas besser war als im letzten Jahr. Aber die Oberbodenfeuchte ist, wenn es so weiter geht, bald aufgebraucht und wir laufen in eine echte Katastrophensituation hinein, wenn sich nicht bald Regen einstellt. Wir stellen uns derzeit auf die schlimmste Situation ein.

Ist die Trockenheit gerade besonders schlimm, weil jetzt die Bäume neue Triebe bekommen?
Es ist so, dass die Bäume während der Vegetationszeit deutlich mehr Wasser brauchen - am Anfang sowieso, weil im Inneren des Baumes ein erheblicher Überdruck besteht. Das merkt man, wenn man an der Rinde ritzt; dann quillt im Frühjahr, bevor die Blätter ausgetrieben haben, das Wasser, also der Harz, richtig raus.

Wenn die Blätter dann ausgetrieben haben, dann verdunsten sie über die Blattmasse die Feuchte, die von unten über die Wurzeln wieder nachgeliefert werden muss. Während der Vegetationszeit ist der Wasserbedarf also besonders hoch, und der kann jetzt nicht richtig befriedigt werden.

Gerade für die Jungpflanzen – ob natürlich angesamt oder gepflanzt – die noch keine tieferen Bodenschichten erschließen konnten, ist es natürlich besonders problematisch, weil der obere Boden jetzt schon ausgetrocknet ist.

Ist der Borkenkäfer jetzt schon aktiv oder erst im Sommer?
Ab 15 Grad Celsius ist der Borkenkäfer aktiv, ab dann kann er nämlich fliegen. Das sind die Temperaturen, bei denen er schwärmt – und die hatten wir ja schon vor Ostern. Nach sechs Wochen kommt dann der Ausflug; die Generation, die schon geflogen ist, hat sich dann schon eingebohrt an Bäumen. Jede Generation vermehrt sich um das 20-fache.

Es wird zu einer gewaltigen Katastrophensituation führen, wenn wir im Augenblick die betroffenen Bäume nicht rechtzeitig ernten können. Es kann durchaus passieren, dass wir damit lokal Probleme haben werden, weil uns einfach die Arbeitskräfte fehlen. Denn viele Forstunternehmer haben Beschäftigte, die Corona-bedingt entweder gar nicht da sind, weil sie aus Osteuropa kommen, oder ausgefallen sind.

Das selbe trifft übrigens auf die Sägewerke zu. So ist die Abnahme nicht möglich und die Bäume bleiben im Wald stehen. Beides ist problematisch, weil der Käfer dann nach sechs Wochen wieder ausfliegt – wenn er im Sägewerk ausfliegt kann er keinen Schaden anrichten, wenn die Bäume noch im Wald sind, schon. Das wäre hochproblematisch.Im vergangenen Jahr gab es schon einmal ein Hilfsprogramm für den Wald.

Was erwarten Sie für dieses Jahr? Braucht es erneut ein Hilfspaket?
Das Hilfsprogramm ist auf drei Jahre angelegt. Das heißt, in unserem Landeshaushalt haben wir für 2020 und 2021 die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen, und aller Voraussicht nach werden wir das auch voll beanspruchen. Man muss aber im Hinterkopf behalten, dass wir wahrscheinlich noch mehr tun werden müssen.

Wir müssen uns überlegen: Wie können wir die Waldbesitzer motivieren, ihren Wald zu bewirtschaften, obwohl sie keinen finanziellen Gewinn mehr daraus ziehen können? Denn der Holzpreis ist aktuell am Boden - sie haben keine Erträge, nur Kosten. Wir müssen uns überlegen, was man da tun kann. Denn wir brauchen die Waldbewirtschaftung dringend; wir brauchen die Bäume als CO2-Speicher und -Senker.

Die dürfen uns jetzt nicht einfach wegbrechen. Und deshalb muss alles an das Thema Walderhaltung gesetzt werden, was nur geht. Ansonsten laufen wir auf eine ökologische Katastrophe zu – und das kann keiner bei uns im Land wollen.

Wie sieht es bei dieser Trockenheit mit der Waldbrandgefahr aus?
Die ist jetzt schon vorhanden, erheblich sogar. Der Oberboden ist trocken; das heißt nicht nur, dass die Bäume geringer mit Wasser versorgt werden, sondern auch, dass an diesem oberen Teil trockene Äste und trockenes Laub liegen. Und das ist hochentzündlich. Da kann eine Glasscherbe von einer achtlos weggeworfenen Flasche ausreichen, um als Brennglas zu fungieren, wenn sich die Sonne in einem bestimmten Winkel spiegelt.

Da kann die achtlos weggeworfene Zigarette ihren Beitrag leisten, oder wenn sich jemand dem Rauchverbot im Wald widersetzt. Davon rate ich wirklich dringend ab – nicht nur, weil es verboten ist, sondern auch, weil es hochgefährlich für den Wald und den Besucher selbst ist. Es ist nur anzuraten, alles zu tun, um die Feuergefahr und die Waldbrandgefahr zu vermindern.

Wo zeichnen sich jetzt schon Schäden durch die Trockenheit ab?
Die Oberböden sind bereits entwässert, die sind bereits trocken. Die tiefwurzelnden Baumarten wie die Eiche, oder auch die Weißtanne, werden es hier noch einige Zeit durchhalten. Aber alle Baumarten, die oberflächennah wurzeln, wie die immer noch weit verbreitete Fichte, sind davon natürlich besonders betroffen. Dazu zählen auch Böden, die wenig Wasser speichern können.

Zum Beispiel auf der Rhein-Ebene mit den Sandböden, wo die Kiefern stocken, die wir letztes Jahr schon massiv verloren haben. Oder im Odenwald, im schwäbischen Wald oder im Nordschwarzwald mit Sandstein…das sind sehr leicht wasserdurchlässige Böden. Dort haben es die Bäume besonders schwer, weil dort kein Wasser gespeichert wird und die Reserven schnell aufgebraucht sind.

Gibt es in der Landwirtschaft jetzt schon besonders betroffene Bereiche, die die Trockenheit jetzt schon zu spüren bekommen?
In der Landwirtschaft spüren wir es vereinzelt, da sind wir natürlich erst am Beginn der Vegetationsperiode. Aber wo es keine richtige Aussaat gibt, gibt es auch keine richtige Ernte. Etwa im Bereich des Ackerbaus, wo die Saaten, die ausgesät wurden, nur spärlich aufgehen. Im Sonderkultur-Bereich wird sich in den nächsten Wochen herausstellen, wie es weiter geht. Das hängt auch viel von den Möglichkeiten ab, die die Landwirtschaft vor Ort hat.

Sonderkulturen können zum Teil bewässert werden – das wird auch jetzt schon gemacht, eigentlich ist das erst im späteren Frühjahr ein Thema. Zum Beispiel werden Erdbeeren jetzt schon bewässert. Am besten schneidet noch der Weinbau ab, weil die Rebstöcke sehr tief wurzeln und mit oberflächlicher Trockenheit gut zurechtkommen. Und Weine werden mit weniger Wasser und mehr Sonne qualitativ sowieso immer besser!