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Das Fest der Liebe feiern mit Auflagen

Im engsten Kreis: So geht Heiraten in Corona-Zeiten!

Die Hochzeitstorte im Supermarkt besorgen, den Standesbeamten durch eine Plexiglasscheibe ansehen, Mama und Papa draußen aus 2 Metern Entfernung zuwinken. So stellt sich wohl kein Paar seine Traumhochzeit vor. Und doch ist genau das aktuell für Viele Realität. In der Coronakrise gelten auch für Standesämter zwingende Hygienevorschriften, eine große Feier mit Gästen ist sowieso ausgeschlossen. Sogar von Stadt zu Stadt gibt es enorme Unterschiede, in welcher Form eine Eheschließung aktuell noch möglich ist.

Bis heute galt für Trauungen in Deutschland die „Verordnung des Kultusministeriums über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 im Bereich von Gottesdiensten und weiteren religiösen Veranstaltungen, Ansammlungen und Zusammenkünften sowie Bestattungen“ – ein komplizierter Name für eine komplizierte Angelegenheit. Dadurch waren kirchliche Veranstaltungen und sonstige Ansammlungen in Glaubensgemeinschaften verboten. Davon ausgenommen waren sogenannte „unaufschiebbare religiöse Zeremonien“ wie etwa Taufen, Beerdigungen - und Eheschließungen. Zum vierten Mai sind mit der Siebten Änderungs-Verordnung zur Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen unter bestimmen Hygienevorschriften und Maßnahmen wieder erlaubt. Diese geänderten Regelungen für die religiösen Veranstaltungen gelten jedoch nicht für standesamtliche Trauungen, so das Standesamt Freiburg. Für diese sei §3 Absatz 2 der Verordnung einschlägig und gelte noch bis zum zehnten Mai.
 
Für Eheschließungen gilt also weiterhin: Nur im engsten Familien- und Freundeskreis mit nicht mehr als fünf teilnehmenden Personen. Wie die einzelnen Standesämter in Deutschland auf Grundlage dieser Regelungen weiter vorgehen, ist allerdings nicht einheitlich festgelegt. „Es ist eine Gemeinde-Aufgabe, das im Einzelnen zu entscheiden. Manche Standesämter haben vielleicht größere Räume oder bessere Möglichkeiten für Schutzmaßnahmen. Die können dann mehr Gäste zulassen als andere“, erklärt etwa das Standesamt Karlsruhe. „Da kann es keine einheitliche Personenbegrenzung oder Ähnliches geben.“
 
 
Karlsruhe: Oma, Fotograf oder Trauzeuge
Die spezifischen Regelungen in Karlsruhe haben die Standesämter in Absprache mit dem Bürgermeister getroffen. In der zweitgrößten Stadt in Baden-Württemberg werden aktuell alle Trauungen durchgeführt, die gewünscht sind – nicht etwa nur Nottrauungen oder nur Eheschließungen unter bestimmten Bedingungen.
 
„Wir führen die Eheschließungen aktuell nur in dem größten Trauzimmer bei uns durch, mit Acrylglas als Schutzmaßnahme. Es darf bei uns mit 4 Personen geheiratet werden, also das Paar und zwei Gäste. Da ist es auch ganz egal, ob das die Trauzeugen sind oder die Oma oder ein Fotograf“, erklärt eine Karlsruher Standesbeamtin.
 
Einen wesentlichen Unterschied in der aktuellen Ausnahmesituation machen für die Karlsruher Standesämter rechtliche Angelegenheiten vor den Trauungen: Da nun auch die Eheanmeldungen schriftlich und nicht persönlich gemacht werden, müssen vor der Trauung unter Anderem erst einmal die Personalausweise geprüft werden. „Aktuell machen wir ganz viel Bürokratisches, was wir sonst vor den Trauungen nicht haben.“
 
Mannheim: Nicht großartig anders
Die Standesämter Mannheim halten sich mit ihren Eheschließungen genau an die Verordnung des Kultusministeriums: Dort dürfen Paare im engsten Familien- und Freundeskreis mit bis zu fünf teilnehmenden Personen standesamtlich heiraten.
„Darüber hinaus laufen die Trauungen an sich nicht großartig anders ab als sonst, außer mit weniger Personen und gebührend Abstand“, so ein Pressesprecher der Stadt.
 
Nach Angaben von Mannheim24 wurden von 165 geplanten Hochzeiten im März und April lediglich 16 abgesagt. „Die Paare zeigten sehr viel Verständnis für die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen“, zitiert das Medium einen Pressesprecher.
 
 
Ludwigshafen: Auf Nummer sicher
In Ludwigshafen sind bei Eheschließungen aktuell keine Gäste erlaubt. Dies habe das Ministerium des Innern von Rheinland-Pfalz in einem Rundschreiben so vorgegeben, so eine Sprecherin der Stadt aus dem Bereich Kultur, Schulen, Jugend und Familie. „Alle bereits vereinbarten Eheschließungen werden durchgeführt. Zum Schutz der Mitarbeiter und des Brautpaares werden jedoch derzeit grundsätzlich keine Gäste zugelassen. Das heißt, nur die Trauperson und das Brautpaar sowie im Bedarfsfall eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher befinden sich im Trauzimmer“, so die Regelung in der größten Pfälzer Stadt.
 
Neue Eheschließungstermine vergibt die Stadt aktuell nicht: „Wir nehmen zwar schriftliche Eheanmeldungen entgegen, jedoch ohne Terminvergabe. Nach abschließender Prüfung der Anmeldung und der Ehevoraussetzungen kann die Trauung innerhalb von 6 Monaten stattfinden.” Brautpaare, die bereits einen Termin haben, werden von den entsprechenden Standesämtern kontaktiert, um ihnen die neuen Regelungen zur Kenntnis zu geben.
„Auf Wunsch bieten wir an, den Trautermin zu verschieben oder auszusetzen, um bei einem späteren Termin vielleicht wieder Gäste dabei haben zu können.“ In dringenden Fällen wurden Trauungen allerdings auch schon vorverlegt, etwa bei Risikopersonen. 
 
 
Freiburg: Die 2+2+1-Formel
In Freiburg richtet sich die Personenbeschränkung nach der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg: Im Trauzimmer sind demnach ebenfalls wie in Mannheim und Karlsruhe das Paar, maximal 2 Gäste und die Standesbeamtin oder der Standesbeamte erlaubt. „Die Zulassung von 2 Gästen ist eine Entscheidung, die jedes Standesamt selbst treffen kann“, bestätigt die Freiburger Standesamtsleiterin. Die Standesämter seien nur verpflichtet, Trauungen durchzuführen. Es könne aber im Sinne der Gesundheit der Mitarbeitenden entschieden werden, dass keine Gäste zugelassen werden. Auch, weil etwa das Trauzimmer zu klein ist.
 
„Wir fahren mit der Regelung 2+2+1 sehr gut. Die Trauungen selbst sind auch sehr schön. Ein kleiner Rahmen ermöglicht den Paaren, sich auf die Trauung und sich als Paar zu konzentrieren. Die Nervosität ist nicht ganz groß wie in einer Runde von 30 oder 40 Gästen.“
 
 
 
Kreativ werden? Lieber nicht!
In den USA machten Paare bereits Schlagzeilen, indem sie sich einfach per Videochat trauen ließen - #ZoomWedding2020. In Deutschland sind solche fantasievollen Lösungen für die Trauung in Corona-Zeiten nicht möglich.
 
„Dass das Paar über Video zugeschaltet ist, ist rechtlich nicht vorgesehen. Das deutsche Recht sieht vor, dass beide Eheschließende persönlich anwesend sind“, erklärt das Standesamt Freiburg. „Kreativere Trauungen wären nur möglich, soweit es gesetzlich zulässig ist. Da die persönliche Anwesenheit der Brautleute vor der Trauperson vorgeschrieben ist, sind Trauungen per Videochat, Telefon oder ohne eine Standesbeamtin oder einen Standesbeamten nicht zulässig“, bestätigt auch Ludwigshafen.
 
In Freiburg wurde dennoch eine schöne Lösung gefunden, mit ein bisschen moderner Technik die Corona-Trauung aufzupeppen: „Damit aber auch Gäste dabei sein können, ermöglichen wir, dass per Live-Stream übertragen wird. Letzte Woche hatten wir Trauungen mit Übertragung nach Frankreich, in die Niederlande und auch in viele deutsche Städte.“
 
 
Aber warum entscheiden sich Paare, jetzt im völligen Corona-Chaos, ohne Freunde, Familie und Feier trotzdem zu heiraten?
 
„Es ist wirklich ganz unterschiedlich, wie die Paare darauf reagieren“, berichten die Karlsruher Standesämter. „Viele sagen ihre Hochzeite freiwillig ab, aber es gibt auch eine ganze Menge, die sagen: Wir haben uns diesen Tag ausgesucht, wir haben uns darauf eingestellt, also heiraten wir jetzt auch. Feiern mit der ganzen Familie oder größere Hochzeitsfeste werden dann einfach verschoben.“ Andere Paare verschieben die komplette Trauung in den Herbst oder sogar ins nächste Jahr. Manche hätten allerdings gar keine Wahl, zum Beispiel Ausländer, die sonst erneut die entsprechenden Papiere aus ihrem Herkunftsland besorgen müssten.
 
Generell scheinen viele Paare die Situation lockerer zu sehen als gedacht: „Wir hatten neulich ein ganz junges Paar, das sich total gefreut hat, in dieser Zeit zu heiraten, weil sie so nicht den Druck haben, eine riesige Hochzeitsfeier mit allen Freunden und Verwandten zu feiern“, so die Stadt Karlsruhe. „Ein anderes Paar kam aus Mazedonien, wo man traditionell auch ganz große Hochzeiten feiert. Die waren schon enttäuscht, dass das jetzt nicht geht, aber das kann man ja nachholen. Die beiden wollten sich ihre Hochzeit durch Corona nicht vermiesen lassen!“
 
Auch aus Freiburg wird berichtet: „Wir erleben, dass die Paare sehr dankbar sind, dass wir Trauungen durchführen.“ Viele scheinen sich zu denken: Wir heiraten jetzt, trotz der Situation. Denn man weiß nicht, wie lange sie noch andauert. „Wir konnten die Trauung besser für uns wahrnehmen, da es so eine kleine Runde war“, berichtet ein Paar aus Freiburg. Ein anderes ist froh, dass ihnen so die Entscheidung über die Gästeliste abgenommen wurde. Und man könne ja immer noch nachfeiern.
 
Die Hochzeit ist und bleibt eben für viele Menschen einer der schönsten Tage im Leben.
Ob im Märchenschloss oder zu zweit auf dem Standesamt.
Ob Corona oder nicht.