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Was ist eigentlich ein Lockdown? Und was Menschen daran falsch verstehen ...

Lockdown hier, Lockdown da. Das Wort ist derzeit in aller Munde und ein regelrechten Damokles-Schwert über den Köpfen vieler Menschen. Der Grund: Sie fürchten, dass es "wieder" zu einem Lockdown kommt. Warum jedes Wort an dieser Annahme nicht ganz richtig ist und was genau die Definition von einem Lockdown ist, erfährst Du hier.

Kommentar

Entweder wird das Wort umgangssprachlich benutzt oder die sogenannten Querdenker krakelen es bei jeder Gelegenheit aus vollem Halse heraus: Sie wollen keinen erneuten Lockdown in Deutschland. Was viele aber nicht wissen ist, dass es in Deutschland nie einen Lockdown im eigentlichen Sinne gab - und hoffentlich, auch bei aller Sorge derzeit um eine zweite Welle, nicht geben wird.

Ein Lockdown bezeichnet eine Massenquarantäne, wenn es um das Eindämmen des Infektionsgeschehens während einer Pandemie geht - dieser geht mit Begleiterscheinungen wie einer Ausgangssperre einher. Neben dem Lockdown wird gerne auch der Begriff Shutdown (Stillegung, Abschaltung) genutzt. Dieser bedeutet eigentlich, dass eine Fabrik, ein Geschäft oder ein anderes Unternehmen für immer oder vorrübergehend schließen muss. Angesichts der im März vorgeschriebenen Schließung diverser Geschäfte, wäre das für die jeweiligen betroffenen Unternehmen ein passenderer Begriff gewesen. Er bedeutet aber nicht dasselbe wie Lockdown und ist auch nicht auf alle Menschen in ganz Deutschland zutreffend.

Aber was ist denn jetzt genau ein Lockdown?

Gehen wir vom dem Neologismenwörterbuch Neuer Wortschatz rund um die Coronapandemie des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache aus, ist der Lockdown laut Annette Klosa-Kückelhaus ein Zeitraum, "in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind (z. B. zum Infektionsschutz)“. ​Das Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary beschreibt die Situation eines Lockdowns als einen vorrübergehenden Zustand, der "von Regierungsbehörden auferlegt wird (wie beispielsweise während des Ausbruchs einer Epidemie), bei der die Menschen in ihren Häusern bleiben und Aktivitäten außerhalb des Hauses, die öffentlichen Kontakt beinhalten (z. B. zum Essen ausgehen oder an großen Versammlungen teilnehmen), unterlassen oder einschränken müssen."

Nun werden einige sagen:
"Ja, das ist doch genau das, was es in Deutschland gab!"

Jein. Der Begriff Lockdown lässt sich mit einem Blick über unsere Landesgrenzen für uns in Deutschland relativieren. Wie so oft kommt es auf den Blickwinkel an. In Italien und Spanien gab es beispielsweise einen Lockdown. Erinnern wir uns an die TV-Bilder aus den Ländern im vergangenen März oder April, waren die Straßen wie leergefegt. Die Menschen haben zu Hause ausgeharrt und durften nur die überlebenswichtigsten Besorgungen tätigen. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was in Deutschland los gewesen wäre, wenn es einen echten Lockdown, wie bspw. in Italen gegeben hätte, während die Kliniken weit über ihre Belastungsgrenze hinaus so viele Menschen wie irgendmöglich behandelt, aber gleichzeitig auch mehrere Tausend Patienten dem Tod überlassen und für sie Massengräber ausgehoben werden mussten.

Während dessen in Deutschland: Menschen bestellten sich fröhlich online zum Beispiel Fahrräder oder Swimming-Pools für den Garten, die Krankenhäuser waren weit unter dem Limit des Machbaren und bei weitem weniger Menschen mussten Angehörige und Freunde zu Grabe tragen, die COVID-19 nicht überlebt hatten. Ein Zustand, der für viele Betroffene, bspw. freischaffende Künstler, Barbetreiber und Inhaber von Einzelhandelsgeschäften nicht einfach war und aufgrund der Folgen nach wie vor auch nicht ist. Aber er ist auch weit entfernt von einer Eskalationssufe wie in Spanien, Italien oder auch den USA mit New York, etc. Das sollte jedem bewusst sein, der das nächste Mal das Wort "Lockdown" in den Mund nimmt, schlimmstenfalls kombiniert mit dem Frühjahr dieses Jahres und den ach so beschnittenen Freiheiten, die "auf keinen Fall mehr so akzeptiert werden". 

Aber so ist das eben. Viele Menschen sind sich selbst die Nächsten, beschreiben es als den schlimmsten anzunehmenden Zustand und geben direkt "denen da oben" die Schuld. Dabei könnte es so einfach sein und deutlich mehr Spannung aus der Gesellschaft nehmen, wenn wir auch mal über den Tellerrand hinaus schauen, froh sind, dass wir nicht die höchste Eskalationsstufe einen Lockdowns durchleben mussten und wir alle unseren Teil dazu beitragen können, damit es auch nicht dazu kommt.