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Viertagewoche: Ist das auch in Deutschland möglich?

Die Ergebnisse eines groß angelegten Experiments in Island zeigen, dass die Produktivität der Arbeitnehmer:innen nicht nur gleich oder besser wird, sondern dass sich auch das Wohlbefinden verbesserte. Ist das auch in Deutschland möglich? ZF Friedrichshafen gibt seinen Mitarbeiter:innen bereits die Möglichkeit.

Isländer:innen haben mit durchschnittlich 39,2 Stunden (Deutschland: 34,8 Stunden) die längste Wochenarbeitszeit und mit 47 Jahren das längste Erwerbsleben. Um zu sehen wie sehr sich eine Viertagewoche auf die Produktivität und das Wohlbefinden von Arbeitnehmer:innen in Island auswirkt, nahmen in zwei Feldversuchen (2015 und 2017) insgesamt 2900 Personen in Island (fast ein Prozent der Gesamtbevölkerung in dem kleinen Staat) teil.

Bei dem Experiment verkürzten die Teilnehmer:innen von unterschiedlichen Arbeitsplätzen wie zum Beispiel Büro, Kindergarten, Sozialdienstleister oder Krankenhaus ihre Arbeitszeit von circa 40 Stunden auf 35 bis 36 Stunden bei gleichbleibenden Lohn. Die Ergebnisse des Experiments zeigten, dass die Produktivität gleich bleibt oder sich sogar verbesserte. Das konnte jedoch nur durch eine Überarbeitung der Arbeitsroutinen erreicht werden: kürzere Meetings und schnellere Arbeitsabläufe. Insgesamt verbesserte sich auch die Laune der Arbeitnehmer:innen: Sie hatten weniger Stress, das Burn-Out-Risiko sank und die Life-Work-Balance verbesserte sich.

Ist das auch in Deutschland möglich?

Im vergangenen Jahr hatte der baden-württembergische Autozulieferer ZF mit der IG Metall den „Tarifvertrag Transformation“ abgeschlossen. Arbeitnehmer:innen der ZF haben die Möglichkeit ihre Arbeitszeit um 20 Prozent zu verkürzen und gleichzeitig auch auf 20 Prozent ihres Lohns zu verzichten. Das wurde vor allem beschlossen, um dem Stellenabbau nach der Corona-Pandemie entgegenzuwirken.

Bei den Ergebnissen aus Island stellt sich die Frage, ob die Viertagewoche bei gleichbleibendem Lohn auch auf komplexere Wirtschaftsstrukturen übertragbar ist. Der Stundenlohn würde bei Vollzeitarbeitskräften um circa 25 Prozent steigen. Nicht jedes Unternehmen kann sich das leisten. Es darf auch nicht außeracht gelassen werden, dass die Viertagewoche in der Pflege viel schwieriger umzusetzen ist als im Büro. Hier würde man zum Personalmangel, der in der Branche bereits herrscht, mehr Stellen brauchen.

Was auf jeden Fall für die Viertagewoche spricht, ist die neugewonnene Zeit für sich selbst und Selbstbestimmung. Wie das Experiment aus Island zeigt, hatten die Arbeitnehmer:innen mehr Zeit für sich selbst, ihre Hobbys, Sport und im Endeffekt ihre Gesundheit.