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"Ich würde mir in Zukunft mehr Verständnis wünschen."

"Nie nur Kopfschmerz": Ein Leben mit Migräne

Am 12. September ist europäischer Tag der Migräne und Kopfschmerzen. Jeden Tag leiden 900.000 Menschen in Deutschland an Migräne. Eine davon bin ich. Bei einem Migräne-Anfall haben haben Betroffene nicht nur mit den hämmernden Schmerzen, sondern auch mit Vorurteilen und Stigmatisierung durch andere zu kämpfen.

Schon als Kind hatte ich oft Kopfschmerzen. Seitdem ich 16 Jahre alt bin, leide ich an immer wiederkehrenden starken Migräne-Anfällen. Damit bin ich jedoch nicht alleine. Laut Journal of Health Monitoring 2020 vom RKI leiden 20,8 Prozent aller Deutschen an Migräne. Das ist mehr als jeder Fünfte.

Jede Migräne ist anders

Pulsierende, einseitige Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen sowie Licht- und Lärmempfindlichkeit sind Migräne-Symptome, die bei Betroffenen zum „Migräne-Alltag“ gehören. Jedoch ist jede Migräne bei jeder Person anders. Die zwei bekanntesten Migräne-Varianten sind die Migräne mit Aura und ohne Aura. Bei der Form mit einer Aura kann es bei Betroffenen vor ihren Attacken zu Sehstörungen bis hin zum kurzzeitigen Erblinden kommen. Bei beiden Varianten gibt es vor einem Migräne-Anfall sogenannte „Vorboten“ in Form von Konzentrations- und Sprachstörungen sowie depressive Phasen. Bevor es bei mir zu einer Attacke kommt, bin ich meist stark lichtempfindlich und konzentrationslos. Ich habe allerdings mit der Zeit gelernt, meine Migräne zu verstehen und kann oft mit Medikamenten reagieren, bevor die Migräne ihren Höhepunkt erreicht.

Migräne ist behandelbar, aber nicht heilbar

Mit 20 Jahren habe ich mich zum ersten Mal beim Neurologen in Behandlung begeben. Damals kam ich auf 12 Schmerztage im Monat. Als junger Mensch sollte man eigentlich feiern gehen und spontan mit Freunden in den Urlaub fahren können. Das war für mich nicht möglich. So wie die meisten Migräne-Patienten lag ich tagelang in einem abgedunkelten Raum mit Stöpseln im Ohr und einem warmen oder kalten Umschlag um den Kopf im Bett. Normale Schmerzmittel haben da nicht mehr geholfen. Durch die Therapie meiner Neurologin kann ich heute wieder planen und komme auf circa zwei Schmerztage im Monat. Ich würde jeder Person mit Migräne raten, einen Neurologen aufzusuchen. Migräne ist zwar nicht heilbar, aber behandelbar. 

"Hast du schon genug getrunken?"

Täglich melden sich knapp 400.000 Menschen in Deutschland wegen starker Migräne krank. Viele Personen schleppen sich jedoch auf Arbeit, weil sie Angst vor Vorurteilen, Stigmatisierung oder Diskriminierung durch Arbeitskollegen haben. „Du hast wahrscheinlich zu wenig getrunken.“, „Also ich habe auch ab und zu Kopfschmerzen.“ oder „Wenn du mitkommst, wird’s bestimmt besser.“: All das sind Sätze, die Betroffene zu hören bekommen. Viele Personen, die nicht an Migräne leiden, verharmlosen die Krankheit und nehmen sie nicht ernst. Wahrscheinlich auch unbewusst, weil sie nicht viel über Migräne wissen. Migräne ist nie nur Kopfschmerz. Wer daran leidet, muss meist sein ganzes Leben danach richten. Dafür würde ich mir in Zukunft mehr Verständnis wünschen. Es ist nie schön Verabredungen abzusagen, im Urlaub oder an seinem freien Tag den ganzen Tag im Bett zu liegen und viele tolle Moment im Freudes- oder Familienkreis zu verpassen. 

Mehr Zeit für sich

Viel Entspannung, Zeit für mich und ein geregelter Tages- und Mahlzeitenplan: Das ist etwas, woran ich mich als Migräne-Patient versuche zu halten. Das klappt natürlich nicht immer. Vor allem kann das zum Problem werden, wenn man berufstätig ist und Familie hat. Jedoch sollte man seinen eignen Körper nicht überhören. Das tut nicht nur dir gut, sondern im Endeffekt allen Menschen um dich herum.