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Haustierboom und Tierärzte am Limit

Durch die Corona-Pandemie gab es einen Haustierboom und 2020 haben über 1 Millionen Tiere ein neues Zuhause gefunden. Der Trend hielt auch 2021 an und treibt Tierärzte bis zum Suizid.

Starke Belastung bei den Tierärzten

Es ist vor allem für Frauen ein Traumjob, doch die hohe Belastung treibt besonders oft Tierärzte in den Suizid.
Mittlerweile leben in fast jedem zweiten Haushalt Kleintiere. Von Ankaufsuntersuchungen, über Impfungen und größere Behandlungen, die Terminpläne in Tierarztpraxen sind voll bis oben hin und bringen Veterinäre an ihre Grenzen. Burnout und psychischer Stress sind die Folge.
 
Fachkräftemangel
 
Zu viele Haustiere und zu wenig Personal. Die Gründe für den Fachkräftemangel sind vielfältig. Ein Grund ist sicherlich die hohe Frauenrate, denn unter den deutschen Tiermedizinstudierenden sind 90 Prozent Studentinnen, die im Berufsleben durch beispielsweise Mutterschutz lange ausfallen. Das war vor 30 Jahren noch deutlich anders und der Beruf wurde von Männern dominiert.
Tierärztinnen machen sich seltener selbstständig und dürfen direkt nach Bekanntwerden der Schwangerschaft nicht mehr arbeiten.
 
Fehlender Notdienst
 
Auf Grund der täglichen Überlastung und des fehlenden Personals bieten viele Tierarztpraxen keinen Notdienst nach Dienstschluss oder am Wochenende mehr an und Tierbesitzer müssen im Notfall bis zu eineinhalbstunden zur nächsten Klinik fahren – das kann in manchen Fällen tödlich enden.
 
Flexibilität im Arbeitsgesetz
 
Mit einer Ruhezeit von elf Stunden ist ein Notdienst kaum möglich und die Anstellung von Tierärzten aus dem Ausland bringt zwei Jahre lang jede Menge Bürokratie mit sich.
Tierarztpraxen sind Kleinstunternehmen und neben dem alltäglichen Geschäft mit Formularen und Anträgen dieser Art überfordert.
 
Steigende Suizidrate
 
Laut Deutschem Tierschutzbund begehen Tierärzte weltweit überdurchschnittlich oft einen Suizid, denn fast die Hälfte aller Tierärzte haben eine erhöhte berufliche Belastung im Vergleich zur Normalbevölkerung.
Schlechte Bezahlung, hoher Leistungsdruck und ein schwieriger Umgang mit den Patientenbesitzern sind Auslöser. 
Außerdem werden Tierärzte im Gegensatz zu Humanmedizinern außerordentlich oft mit dem Thema Tod konfrontiert, wenn sie beispielsweise dazu gezwungen sind Tiere einzuschläfern.
 
Umsatzanstieg während Corona
 
Bei all dem Stress und der Überforderung ist der Anstieg vom Umsatz kaum ein Trost für die Praxen. Laut Statistischem Bundesamt stieg der Umsatz im Vergleich zu den Jahren 2019 und 2020 im letzten Jahre um elf Prozent.
Geld, das vor Corona für Urlaub ausgegeben wurde, investieren die Tierbesitzer nun in teure Untersuchungen, wie Zahnbehandlungen oder CTs statt Ultraschall. 
Ein großes Problem sind auch unerfahrene Ersttierbesitzer, die die Behandlungszeiten mit Bagatellfällen wie Zeckenziehen blockieren.