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Apotheken und Bundesamt für Strahlenschutz raten davon ab.

Starke Nachfrage: Wie sinnvoll ist das Kaufen von Jodtabletten?

Die Angst vor dem Einsatz von Nuklearwaffen im Ukraine-Krieg wächst. Viele Menschen in Deutschland sorgen sich außerdem, dass Atomkraftwerke in der Ukraine zerstört werden und radioaktive Strahlung austritt. Vielerorts steigt die Nachfrage nach Jodtabletten an. Das ist allerdings unnötig.

Wenn es zu einem Atomunfall kommt, tritt unteranderem radioaktives Jod aus. Das kann dann über die Atemluft, Speisen und Getränke in den menschlichen Körper geraten. Dort reichert sich die Schilddrüse damit an und setzt schädliche Strahlen frei. Schilddrüsenkrebs kann einer der Folgen sein. Mit den hochdosierten Kaliumjodid-Tabletten lässt sich vorbeugen. Das Jod der Tabletten füllt die Speicher der Schilddrüse und macht es unmöglich, dass das radioaktive Jod aufgenommen wird. Die Tabletten schützen allerdings noch lange nicht vor allen radioaktiven Gefahren. Cäsium 137 oder Plutonium können trotzdem in unseren Körper eindringen.
 
Sollte ich die Tabletten vorsorglich einnehmen?

Nein. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt vor einer selbstständigen Einnahme von den hochdosierten Jodtabletten:

Eine Selbstmedikation mit hochdosierten Jodtabletten birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, hat aktuell aber keinen Nutzen“.

Zum einen wirken die Tabletten nur, wenn sich nicht zu früh eingenommen werden. Ist das der Fall, so ist die Gefahr groß, dass das radioaktive Jod Lücken im Jodspeicher findet. Zum anderen können die hoch dosierten Jodtabletten schwere Schilddrüsenerkrankungen verursachen. Menschen über 45 Jahren, mit Jodallergien oder einer Schilddrüsenüberfunktion sind besonders gefährdet. Die Tabletten sollen erst dann eingenommen werden, wenn die Behörden im Radio oder Fernsehen dazu auffordern.
 
Gehören Jodtabletten in die Notfallapotheke?

Nein. In Deutschland befinden sich 189,5 Millionen Kaliumiodid-Tabletten in den Vorräten der Bundesländer, so das Umweltministerium. Kommt es zu einem Atomunfall und es ist mit radioaktivem Jod in der Luft zu rechnen, würden diese Tabletten von den Behörden in den betroffenen Gebieten verteilt werden. In diesem Fall sollten Schwangere und Kinder unter vier Jahren Vorrang bekommen, da sie besonders gefährdet sind. In Teilbereichen des Kreises Waldshut haben die Bewohner wegen des Kernkraftwerks Leibstadt (Schweiz) bereits Zugang zu hochdosierten Jodtabletten. 

Wie gefährlich ist die aktuelle Situation in der Ukraine für uns?

Das Bundesamt für Strahlenschutz beobachtet aktuell die Lage in der Ukraine. Anfang letzter Woche ist dort in der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja ein Feuer ausgebrochen. Laut der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEA) wurden bei den Kampfhandlungen die Reaktoren nicht betroffen. Die Messwerte bewegen sich im normalen Bereich.
Würde ein Atomkraftwerk in der Ukraine im Laufe des Krieges doch heftiger getroffen werden, wäre die Entfernung nach Deutschland groß genug, um nicht schwerwiegend von den radioaktiven Strahlen betroffen zu sein. Laut BfS bewegten sich nur rund 17 Prozent der Luftmassen Richtung Deutschland.