Babys: Einfach schreien lassen?
„Ruhig mal schreien lassen, sonst verhätschelst du das Kind“, Ratschläge dieser Art bekommen Eltern heute noch zu hören – dabei können dadurch Schäden im Gehirn entstehen.
„Ruhig mal schreien lassen, sonst verhätschelst du das Kind“, Ratschläge dieser Art bekommen Eltern heute noch zu hören – dabei können dadurch Schäden im Gehirn entstehen.
Babys schreien lassen?
Nachts kaum Schlaf, tagsüber keine Zeit für den Haushalt: Das Leben als frisch gebackener Elternteil kann ganz schön nervenaufreibend sein. Die Hausfrauenweisheit, man sollte den Säugling auch mal schreien lassen, mag da für manche zunächst verlockend klingen. Doch diese angebliche Erziehungsmaßnahme kann bleibende Schäden bei unseren Lieblingen anrichten!
Es gibt keinen pädagogischen Wert
Ginge man auf jedes Schreien ein, wisse das Baby, dass die Eltern nach seiner Pfeife tanzen. Argumente dieser Art untermauern die Theorie des „kontrollierten Schreien-lassens“, auch Ferbern genannt. Abgesehen davon, dass ein Säugling überhaupt nicht in der Lage ist derart berechnend zu handeln, hat er ein komplett anderes Zeiteinschätzungsvermögen: Er weiß nicht wie lange er schon nach Hilfe ruft. Ein Kind das weniger Fürsorge bekommt schreit doppelt so viel wie gut umsorgte Babys, das haben britische Forscher bereits 2006 festgestellt. Außerdem kann das „kontrollierte Schreien-lassen“ Langzeitschäden im Gehirn der Kleinen anrichten.
Ein Baby, das schreit und nicht von den Eltern beruhigt wird, hat einen erhöhten Stresslevel. Letztendlich bedeutet das Schreien des Kindes schließlich, dass der Schuh irgendwo drückt – ob es nun Hunger, die neuen Zähne oder einfach nur erwünschte Zuwendung ist.
Je länger die Rufe ignoriert werden, desto mehr Stresshormone werden ausgeschüttet. Das hat schlechte Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem – und somit auf Wachstum und Lernfähigkeit. Also wenn die Schwiegermutter das nächste Mal die „Mir hat’s ja auch nicht geschadet“-Schublade aufmacht, habt ihr jetzt Fakten parat.
Sie leiden Todesangst
Ein Baby, dessen Rufe ignoriert werden, ist seinen Beschwerden hilflos ausgeliefert. Befindet sich ein Tier in einer absolut lebensbedrohlichen Situation, stellt sich der Totstellreflex ein. Etwas Ähnliches passiert laut Karl Heinz Brisch, Chef der Psychosomatik am Haunerschen Kinderspital der Universität München, im Gehirn der Säuglinge: Eine vergleichbares Notfallprogramm werde aktiviert und die Kinder können in Zukunft schlechter mit Stress umgehen.
Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter
Mögliche Folgen sind Bindungsprobleme, Schlafstörungen, Angststörungen, Abhängigkeiten, sowie Depressionen. Diese Auswirkungen können den Betroffenen ein Leben lang begleiten.
Wissenschaftler und Ärzte sind sich einig: Die Rufe des Babys zu ignorieren ist nicht gut und hat keine positiven Lerneffekte. "Schreien Kinder, ist das ein für Eltern deutlich zu lesendes Signal: Hier braucht es Achtsamkeit, Behutsamkeit und natürliches Interesse - schlicht Liebe", sagte Florian Heinen, Chef der Abteilung für Neuropädiatrie und kindliche Entwicklung am Haunerschen Kinderspital der „Süddeutschen Zeitung“. "Was es nicht braucht, ist Verunsicherung der Eltern und Küchenpsychologie. Das hat nur negative Folgen."