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Der Wirkstoff Remifentanil wird knapp - er wird in Narkosemitteln für Kinder eingesetzt

Ein Narkosemittel wird in Deutschland knapp - es gibt aber Alternativen

Kein Grund zur Sorge: auch wenn der Wirkstoff Remifentanil knapp wird, gibt es dennoch genügend Alternativen

Können kranke Kinder in Deutschland bald nicht mehr operiert werden?

In einigen Medien geht die Panik um, denn ein bestimmtes Narkosemittel wird knapp. Aber Oberarzt Tim Viergutz von der Uniklinik Mannheim kann Entwarnung geben. "Natürlich sind Operationen bei unseren kleinen Patienten auch weiterhin möglich." Tatsächlich gibt es einen Lieferengpass bei Narkosemitteln mit dem Wirkstoff Remifentanil [sprich: Re-mi-fen-ta-nül] - aber in großen Krankenhäusern gibt es genug Reserve davon. Die in Mannheim reicht voraussichtlich noch bis zum Herbst. Bis dahin können alle geplanten und spontanen Kinder-Operationen stattfinden.

Wer ist betroffen?

Wer aber von dem Engpass empfindlich getroffen wird, sind niedergelassene Narkoseärzte. Denn die arbeiten seit über 10 Jahren fast nur noch mit Remifentanil. So heißt der Wirkstoff, der knapp wird. Sprich: egal von welchem Hersteller die Ärzte ihr Narkosemittel für OPs an Kindern beziehen, in allen ist der Stoff Remifentanil drin.

Woher kommt die Knappheit?

Warum dieser Stoff gerade so knapp ist, das fragen sich die Ärzte selbst. Denn Remifentanil wird chemisch hergestellt. Es dürfte eigentlich kein Problem sein, diesen Stoff permanent nachzuproduzieren.

Ein Trick der Pharmaindustrie?

Spannenderweise haben unsere Nachbarn in der Schweiz keine Probleme an Narkosemittel mit Remifentanil zu kommen. In Ärzte-Kreisen munkelt man, der vermeintliche Wirkstoff-Mangel könnte ein Trick der Pharma-Industrie sein. Denn in der Schweiz ist man bereit, wesentlich mehr Geld für Medikamente auszugeben, als bei uns. Also kann die Pharmaindustrie ihre Produkte in der Schweiz wesentlich teurer an Krankenhäuser verkaufen, als ihr das in Deutschland möglich ist.

Was ist das Besondere an Remifentanil?

Der Wirkstoff Remifentanil hat eine Halbwertszeit von gerade einmal acht Minuten. Er macht eine Narkose daher sehr steuerbar. Während einer Operation kann der Anästhesist mehr Narkosemittel geben, wenn eine besonders schmerzhafte Passage des Eingriffs bevorsteht und die Intensität der Narkose auch schnell wieder runter fahren, wenn es für den Patienten nicht mehr so Schmerz intensiv ist. Damit kann die Belastung für den Organismus durch Medikamente so gering wie möglich gehalten werden. Die kurze Halbwertszeit führt auch dazu, dass der Patient nach der OP wieder schnell aus der Narkose aufwacht und nicht lange intesiv beobachtet werden muss. Daher sind Narkosemittel mit dem Wirkstoff Remifentanil besonders für ambulante Eingriffe und eben auch besonders für Operationen bei Kindern beliebt.

Gibt es eine Alternative, wenn der Engpass noch länger dauert?

"Wir haben auch andere Mittel, die sich auch für Kinder eignen," erklärt Oberarzt Tim Viergutz von der Mannheimer Uniklinik. Die größte Umstellung stehe aber seinen niedergelassenen Kollegen bevor. "Bei denen bedeutet jede OP mehr, mehr Geld. Je länger die für Narkose und Nachsorge beim Aufwachen brauchne, desto weniger Patienten können sie pro Tag behandeln. Und je weniger Eingriffe, desto weniger Geld," erzählt Viergutz. Das kann dann für den einzelnen Arzt in seiner Praxis oder auch in ambulanten Narkosepraxen durchaus bedeuten, dass sie nur noch halb so viele Patienten pro Tag haben können. "Aber natürlich können auch die Kollegen weiterhin sicher Erwachsene und Kinder operieren. Narkosemittel mit anderen Wirkstoffen haben halt eine längere Halbwertszeit, so um die 30 Minuten. Da muss man dann halt anders während dem Eingriff und für das Aufwachen planen. Das können wir aber alle noch, vor 15 Jahren gab es den Wirkstoff Remifentanil einfach noch nicht, da mussten wir auch mit den anderen Narkosemitteln arbeiten," so Viergutz weiter.

Fazit

Der aktuelle Mangel an dem Narkosemittel-Wirkstoff Remifentanil ist ärgerlich und innerhalb der Branche wirft er auch Fragen auf. Aber wir als Patienten, oder wenn unsere Kinder operiert werden müssen, haben keinen Grund zur Sorge. Es gibt genug Alternativen auf dem Narkosemittel-Markt.