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Zwei junge Mannheimerinnen schaffen ein Stadt-Wohnzimmer

Ein Café, wo ihr Zeit und nicht den Kaffee zahlt

So was gab es noch nie in Mannheim: ein Café, in dem ihr die Zeit bezahlt, die ihr dort verbringt

Kaffee, Tee, Suppe - alles kostet nix. Und zwar im Café "Klokke", das Swetlana Hermann und Caroline Courbier vor noch nicht mal einem Monat in der Mittelstraße im Mannheimer Stadtteil Neckarstadt West eröffnet haben. Genauer gesagt ist es kein Café, sondern ein Anti-Café. Das Konzept gibt es weltweit. Es richtet sich gegen Konsum und will mehr miteinander erreichen. Das sind auch die Ziele von Swetlana und Caroline: "wir wollten ein Stadt-Wohnzimmer schaffen. Hier können sich Menschen begegnen, miteinander sprechen oder spielen. Eines von den Spielen, die wir hier haben oder auch Spiele mitbringen."

​Kaffee für lau? Klingt komisch, macht aber Sinn!

​Was jetzt erstmal nach Beschäftigungtherapie für Künstler, Hippies und Paradiesvögel klingt, ist eine schlüssige Idee. Jeder, der das Café "Klokke" besucht zahlt seinen Aufenthalt, wenn er geht. Deswegen gibts zu Beginn eine Stechkarte und eine Oldschool-Stechuhr, damit später die Dauer des Besuches abgerechnet werden kann. "Fünf Euro kostet die erste Stunde. Das verstehen wir nicht als Eintritt, sondern als Unkostenbeitrag", erklärt Swetlana. Das Konzept Anti-Café gibt es schon in Moskau, Südamerika - aber in Deutschland bislang nur in Berlin. "Und jetzt eben auch in der Neckarstadt", fügt Caroline stolz hinzu. Die beiden jungen Frauen lieben den Stadtteil, fühlen sich verbunden mit der Mittelstraße. "Hier kennt jeder jeden, hier ist alles gemixt: Kulturen, Religionen. Alles ein großes Miteinander und wir werden jetzt auch schon von den anderen Ladenbesitzern gegrüßt", freut sich Swetlana.

Das Konzept geht auf

​Über Monate haben die beiden jungen Frauen den einstigen Optiker, der zuletzt ein Kiosk war, im Schweiße ihres Angesichts renoviert. Trotz vieler gut gemeinter Tipps haben die beiden ihr Ding durchgezogen. Heraus gekommen ist ein freundlicher, stylischer Laden mit viel Licht, vielen Pflanzen und gemütlichen Holzmöbeln. Einfach ein Café, in dem sich sowohl die sieben-köpfige Gruppe von Krabbelkinder-Mamis trifft, junge Studenten zusammen lernen und sich der Zeitungslesenden Frührentner das Treiben auf der Mittelstraße betrachtet.
 

Wie läuft das im "Klokke"?

Erstmal an die Stechuhr, dann geht ihr in die große, offene Küche. Dort gibt es Kaffee, selbstgemachte Sirups für Wasser, Tee und jeden Tag einige Snacks. Nehmt euch, so viel ihr wollt, aber bedenkt: wer nach euch kommt, für den ist dann nur noch weniger da. Denn wenn die Tagesration Suppe alle ist, ist Schluss. Verschiedene Gastronomie-Gesetze verbieten es Swetlana und Caroline vor Ort nachzukochen. Ihr könnt euch aber auch einfach euer eigenes Essen mitbringen. "Man kann sich hier super zum Frühstück treffen, Käse, Brötchen mitbringen und dann hier Kaffee machen", erzählt Swetlana. Nach der ersten Stunde wird der Aufenthalt im "Klokke" auch halbstündlich abgerechnet. Und in der Zeit, in der ihr da seid, könnt ihr eure Kinder mit den ausgewählten Spielsachen, im Tipi-Zelt oder sogar auf dem Klavier spielen lassen. Für Veranstaltungen oder Gruppen können die beiden Besitzerinnen auch innerhalb von Minuten ein Drittel der Ladenfläche abtrennen.

Fazit

Das Café "Klokke" ist eine außergewöhnliche Idee, die perfekt in die Neckarstadt West passt. Das Miteinander zu stärken, für mehr Zusammenhalt und gegenseitiges Interesse in der Nachbarschaft, statt anonymes Kaffee-Schlürfen in überteuerten Kaffeehaus-Ketten - dafür stehen Swetlana Hermann und Caroline Courbier. Mehr Infos zum "Klokke" findet ihr hier.